Dass kompositorische Produktionen in Werken gezählt, dass sie in Opus-Zahlen geordnet werden, hat eine lange Tradition, die sich bis ins 20./21. Jahrhundert hinein fortsetzt. „Opus 1“ (auch „opus primum“), „opus summum“, „opus maximum“ oder „opus ultimum“ sind Begriffe mit einer gewissen magischen Aura. Dabei war (oder ist noch immer) das kompositorische Werk eng an seine Partitur gebunden, eben als dasjenige zu verstehen, was, der Flüchtigkeit der Aufführung enthoben, betrachtet und analysiert werden kann. Nicht nur für den lange Zeit wegweisenden Musikwissenschaftler Carl Dahlhaus (1928– 1989) stand das so verstandene „musikalische Kunstwerk“ stets im Zentrum der Betrachtung. Im Zuge von Offenen Formen und Happening und in Diskussionszusammenhängen der Postmoderne geriet der Werkbegriff allerdings auch für die Musik ins Wanken. Neue Darbietungsformen wie sie u. a. die Klangkunst einführte, sprengten traditionelle Vorstellungen eines abgeschlossenen kompositorischen Werks mit klarem zeitlichen Verlauf. Improvisationsgruppen und Komponistenkollektive schufen gemeinsame Produkte, die in das alte Schema des klar definierten Werks eines klar definierten Autors nicht recht passen wollten (Improvisation). Die Grundfesten des Musikmarktes hat dies allerdings nicht erschüttert. Bis heute ist es üblich, dass die Musikverwertungsgesellschaft GEMA für Werke entsprechende Tantiemen zahlt, dass im Konzert „Werke“ aufgeführt werden und dass Musikverlage vollständige „Werkverzeichnisse“ zeitgenössischer Komponisten bereithalten.