Im Zentrum von Stuttgart, im Neuen Schloss, gibt es einen ungewöhnlichen Konzertsaal, der eine veränderungsreiche Geschichte hinter sich hat: der Weiße Saal.
Stuttgarter Schloss kann nicht besichtigt werden
Das Neue Schloss in Stuttgart ist gut für Überraschungen: Mitten in der Fußgängerzone erblickt man das klassizistische Residenzschloss mit Ehrenhof, Springbrunnen und der 32 Meter hohen Jubiläums-Säule.
Wer nun – von der prächtigen Schlossfassade angeregt – von Gemälden, Marmor und Gold im Inneren träumt und unbedingt hineinmöchte, stellt aber fest: Das Schloss kann man gar nicht besichtigen, denn dort haben die Landesregierung sowie das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft ihren Sitz.
Nur der Weiße Saal ist zugänglich
Allerdings gibt es einen Raum, der öffentlich zugänglich ist und den man sich auch anschauen sollte: Es ist der Weiße Saal, in dem bis zu 400 Personen Platz finden.
Weiße Stuckarbeiten, helle Marmorsäulen sowie hohe Fenster und verspiegelte Türen lassen Licht in jede Ecke des Saales dringen – ein angenehmes Ambiente für Konzerte oder Preisverleihungen.
Veränderungsreiche Geschichte
Circa einhundert solcher Veranstaltungen finden hier pro Jahr statt, zum Beispiel auch die Kammerkonzerte des SWR Symphonieorchesters.
Um die Vermietung und das Veranstaltungsmanagement im Weißen Saal kümmert sich Kai Wacker vom Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg. Er erzählt, dass der Weiße Saal und das Neue Schloss Stuttgart eine veränderungsreiche Geschichte hinter sich haben.
Das Neue Schloss sei eines der letzten großen Residenzschlösser in Deutschland, so Wacker. Es wurde Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut. Der Weiße Saal war dabei als Fest- und Kultursaal konzipiert. Im Zweiten Weltkrieg wurde er dann leider, wie das ganze Schloss, vollständig zerstört.
Zerstörung im Zweiten Weltkrieg
Als Anfang 1944 zwei Sprengbomben das Neue Schloss trafen, zerstörten Sie ein Bauwerk, das schon etliche Baustopps, einen Brand und den folgenden Wiederaufbau sowie zahlreiche Veränderungen überstanden hatte.
Der Bombenangriff hatte nun den Weißen Saal besonders schlimm getroffen: Eine Ecke war weggerissen, der Parkettboden verbrannte, die Decke stürzte ein. Von der ehemaligen Residenz der Herzöge und Könige Baden-Württembergs blieb nicht viel mehr als die Fassade übrig. Es war darum keine einfache Entscheidung, wie es nach dem Krieg mit den Trümmern weitergehen sollte.
Weißer Saal originalgentreu wieder aufgebaut
Als 1961 die Entscheidung für den Wiederaufbau fiel, begannen zunächst umfangreiche Untersuchungsarbeiten: Man wollte den Weißen Saal möglichst historisch werkgetreu wiederherstellen – so, wie ihn der Baumeister Leopoldo Retti ursprünglich entworfen hatte.
Denn tatsächlich war der Weiße Saal schon vor seiner Zerstörung kein rein-weißer Saal mehr gewesen: Mitte des 19. Jahrhunders hatte man drei große Wandgemälde angebracht und den Stuck mit Gold verziert. „Man wollte dem Saal das Kühle nehmen“, erzählt Wacker. Beim Wiederaufbau verzichtete man dann auf diese Elemente.
Überraschende Details, fantastische Akustik
Und so kann man 250 Jahre Baugeschichte in einem einzigen Saal erahnen: Man findet klassische Stuckverzierungen und Marmorsäulen, die in ihrer monochromen Ausarbeitung aber beinahe schlicht wirken – und damit überraschend modern. Aber auch spezifisch die 60er-Jahre haben ihre Spuren hinterlassen – und zwar in Form der großen Bleikristallleuchter, die von der Decke hängen.
Am Ende hält sogar die Farbe im Weißen Saal eine kleine Überraschung bereit: Dem Weiß der Wandfarbe ist nämlich ein wenig Rot beigemischt, während die Farbe für die Ornamente etwas Grün enthält, damit sie sich besser voneinander abheben. Das ist aber ein Detail, was vermutlich nur ein sehr geschultes Auge überhaupt erkennen kann.
Viele Veränderungen und viele Überraschungen birgt der Weiße Saal, aber in seiner Funktion – als ein heller Konzertsaal mit fantastischer Akustik – hat sich nie etwas geändert.
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