Album-Tipp

Vox Luminis & Lionel Meunier – Barockrequiem

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Autor/in
Susanne Benda

2004 hat der Sänger, Trompeter und Flötist Lionel Meunier in Belgien das Ensemble Vox Luminis – übersetzt: „Stimme des Lichts“ – gegründet. Es besteht aus Vokalsolisten und Continuospielern und beschäftigt sich vor allem mit italienischer und deutscher Vokalmusik des 17. und 18. Jahrhunderts. Im neuesten Album werden Werke deutscher Komponisten aus der Zeit des Barock vorgestellt.

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Unbekannte Komponisten der Schütz-Zeit

„Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten“: Bei diesem Satz aus dem 126. Psalm der Bibel denkt man spontan an Johannes Brahms‘ „Deutsches Requiem“. Die Musik dazu entstand aber nicht im 19., sondern im späten 17. Jahrhundert.

Der Titel der CD, „Ein deutsches Barockrequiem“, zeigt die Richtung an. Zu hören sind Vertonungen der Texte, die auch Brahms in seinem Requiem verwendete – hier aber in Musik gesetzt von heute meist kaum mehr bekannten Komponisten der Schütz-Zeit. Zu hören ist also ein Pasticcio – ähnlich wie die Totenmesse für Rossini, an der auf Betreiben Verdis 13 Komponisten mitarbeiteten.

Barocke Pasticcio-Totenmesse

Zur hören ist unter anderem Christian Geist, einem vor allem in Schweden und Dänemark beschäftigten Organisten und Komponisten. Hinzu kommen Stücke unter anderem von Tobias Michael, Wolfgang Carl Briegel, Heinrich Schwemmer und Johann Philipp Förtsch. 

Die barocke Pasticcio-Totenmesse folgt der Dramaturgie der Texte in Brahms‘ Requiem, somit gibt es auch eine Vertonung des 84. Psalms. Mit „Wie lieblich sind deine Wohnungen“ schuf Johann Hermann Schein eine der schönsten Motetten auf dieser CD. Hier lässt sich besonders gut hören, wie sauber die Sängerinnen und Sänger von Vox Luminis intonieren, wie präzise die Linien geführt und die Töne geformt sind.

Vox Luminis, Lionel Meunier und das Freiburger Barockorchester im SWR2 Mittagskonzert

Konzept mit Potential für Entdeckungen

Wenn Musik rund um eine dramaturgische Idee drapiert wird, dann kann das konstruiert wirken. Hier ist das aber nicht der Fall. Im Gegenteil, das Konzept ermöglicht eine Begegnung mit der hoch spannenden Vielfalt frühbarocker Gestaltungsmöglichkeiten. Und tatsächlich beantwortet jeder der vertretenen Komponisten die Frage nach dem Verhältnis von Wort und Musik ein bisschen anders.

So auch Andreas Hammerschmidt in „Ach, wie gar nichts sind alle Menschen“ – sein Stück wechselt zwischen ruhiger Gleichstimmigkeit und einer komplexen Gegenstimmigkeit, die an die Form des Madrigals erinnert.

Passender Ersatz mit Andreas Scharmanns „Gedenke, Herr, wie es uns gehet“

Das Konzept geht allerdings nicht immer auf. Nicht für jeden der Texte, die Brahms vertonte, hat sich ein barockes Pendant gefunden, und so bringen Lionel Meunier und seine Mitsänger thematisch passenden Ersatz ins Spiel. Der ist allerdings vom Feinsten – und bereichert das Thema um neue Aspekte.

Zur Person Der franko-belgische Bass und Dirigent Lionel Meunier

2004 gründete Lionel Meunier zusammen mit anderen jungen Sänger*innen das Ensemble Vox Luminis. Kurz darauf erscheint die erste CD und bald hagelt es Preise und Auszeichnungen, unter anderem der "Gramophone Award" als beste Aufnahme des Jahres. Erst in England und Amerika, dann in ganz Europa und in Ostasien häufen sich Konzerte und Residenzen, die Presse schwärmt vom homogenen Klang des Ensembles, der Präzision und Sensualität.

SWR2 Zur Person SWR2

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Susanne Benda