Musik ist ein zentraler Anker für „Nackt über Berlin“
Wo Regisseur Axel Ranisch arbeitet, ist klassische Musik nicht weit. Erst im Juni war im Kino sein Film „Orphea in Love“, eine Liebeserklärung an die Welt der Oper, zu sehen. Jetzt startet am 6. Oktober, eine Woche vor der TV-Ausstrahlung, in der ARD Mediathek die Serie „Nackt über Berlin“. Vorlage ist Ranischs gleichnamiger Roman.
„Bei mir fängt immer alles mit Musik an. Mit Musik kann ich beschreiben, welche Wirkung ich erzielen möchte, welche Temperatur eine Szene hat, welchen Rhythmus, welches Tempo“, verrät Ranisch im Interview. Entsprechend habe Filmkomponistin Martina Eisenreich schon lange vor dem Dreh mit der Komposition der Filmmusik begonnen.
Die Serien-Kritik von Karsten Umlauf
Für ihre Arbeit an der Musik von „Nackt über Berlin“ hat sich Eisenreich von den großen Komponisten der Vergangenheit inspirieren lassen. Um eine besondere Klangatmosphäre aufzubauen, arbeitete sie mit teilweise sehr ungewöhnlichen Instrumenten. Vier ihrer Kreationen stellt die Komponistin bei uns vor.
Ballastsaitentrommel sorgt für heulende Grusel-Atmo
Ein großes Paukenfell und eine Klavierseite, an der ein Ballast hängt. Wenn letzterer angehoben wird, kann man das Paukenfell stufenlos verstimmen. Die Ballastsaite beginnt dadurch zu heulen.
Martina Eisenreich nutzt diesen Effekt vor allem gerne in Thrillern für spannungsreiche oder gruselige Szenen. Auch an denen mangelt es in der Entführergeschichte von „Nackt über Berlin“ nicht.
Kuhglocke im Wassereimer: Scheppernd abgesoffen
Abstürzende Klänge gehören zur musikalischen Untermalung von Filmen einfach dazu. Doch für „Nackt über Berlin“ suchte Martina Eisenreich etwas Authentisches, das sich von Standard-Sounds abhebt.
Fündig wurde sie in der Kuhglockensammlung ihres Partners Wolfgang. Der Klang der Kuhglocken hat etwas skurril-schepperndes. Den abfallenden Soundeffekt erzielte Eisenreich dann, indem sie die schallendne Glocken im Wassereimer versenkte.
Eine Harfe aus Kupferrohren
Ein weiteres Instrument der Marke Eigenbau ist Martina Eisenreichs Kupferharfe. Das Instrument besteht aus Kupferrohren aus dem Baumarkt, die auf verschiedene Längen geschnitten, wie bei einem Xylophon, unterschiedliche Tonhöhen erzielen.
Man spielt die Harfe, indem man die Finger mit Kolophonium (Geigenharz) einreibt und anschließend die Harfe in Schwingung versetzt. Wichtig ist, so Eisenreich, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, um das Kupferrohr wieder loszulassen.
Psycho-Atmosphäre dank Daumenklavier
Beinahe schon klassisch im Gegensatz zu den anderen Instrumenten ist das Daumenklavier, die sogenannte Kalimba oder Mbira. Indem Eisenreich mit einem Metallgegenstand über die Instrumentzungenstrich, entstand ein besonders skurriler Ton.
Diese Idee sei speziell für „Nackt über Berlin“ entstanden, verrät die Komponistin. Sie wolle damit besonders die Absurdität der Situation des in seinen eigenen vier Wänden gefangenen Schulleiters einfangen. Der Sound trage auch zur Psycho-Atmosphäre der Gefangenschaft bei.