Die Geschichte des C-Dur-Konzerts von Joseph Haydn für Violoncello ist ziemlich dramatisch: Lange galt es als verschollen. Haydns „Entwurfskatalog“ verzeichnete zwar ein solches Konzert, es hatte also existiert, aber die Noten waren verloren. 1961 tauchte im Prager Nationalmuseum eine Abschrift davon auf. Plötzlich war es möglich, das ‚wiedergefundene‘ Werk aufzuführen.
Die 1961 im Prager Nationalmuseum gefundene Kopie eines Cellokonzerts passte genau zu Haydns Eintragungen in seinem „Entwurfs-Katalog“. Ein musikalischer Schatz wurde geborgen, der sich letztlich als eines der anspruchsvollsten Cellokonzerte überhaupt erwies. Außerdem ergaben sich hieraus Einblicke in Haydns Leben und Arbeiten.
Er schrieb das Konzert wohl in den Jahren nach 1761, als er Vizekapellmeister am Hof des Fürsten Nikolaus Esterházy, auf Schloss Esterháza im damals noch zu Ungarn gehörenden Eisenstadt, war. Die dort entstandenen Werke „gehörten“ eigentlich dem Fürsten, unter ihnen viele Auftragswerke für bestimmte Besetzungen. Da sich Haydns Ruhm aber unaufhaltsam vermehrte, kursierten Abschriften - und unautorisierte Drucke - in ganz Europa, an denen Haydn, mit stillschweigender Kenntnis des Fürsten, gut verdiente.
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Der Liebling der Nation
„Joseph Hayden, der Liebling unserer Nation“ wurde der Komponist im Wiener Diarium vom 16. Oktober 1766 gelobt. Ein Kenner seiner Person und seiner Werke verteidigte ihn damit gleichzeitig gegen die konservativen Kreise in Sachsen und Norddeutschland, die seine Musik als viel zu neumodisch und unseriös tadelten.
Während aber seine in Esterháza komponierten Sinfonien von Anfang an weit über die österreichisch-ungarischen Grenzen hinaus auf lebhaftes Interesse stießen, war die Resonanz der meisten von Haydns 24 Konzerten für die verschiedensten Instrumente weit begrenzter. Sie entstanden in unregelmäßigen Abständen zwischen 1756 und 1796 (also vor Mozarts Konzerten) und halten sich alle an das traditionelle Satz-Schema schnell - langsam - schnell. Die Besetzung ist meist klein: zwei Oboen, zwei Hörner und einige Streicher, ein eher kammermusikalischer Aufbau.
Beim C-Dur-Konzert dürfte Joseph Weigl als Solist am Cello gesessen haben. Er war Erster Cellist beim Fürsten von Esterházy und mit Haydn eng befreundet. Solokonzerte hatten für den Komponisten an einer höfischen Kapelle einen grundsätzlich anderen Status als die übrige symphonische Musik. So wurde für den Tag, den Anlass und vor allem den Solisten geschrieben, maßgeblich war der individuelle Leistungsstandard des Instrumentalisten.
Leidenschaftliches Virtuosentum
Erstaunlich und bezeichnend für die Qualität der Haydn'schen Musiker war die große Virtuosität vor allem der Cellokonzerte. Die verlangten technischen Fähigkeiten gehen weit über den damaligen Standard hinaus.
Der schnelle dritte Satz des C-Dur-Konzertes gehört zum schwersten, was die Celloliteratur zu bieten hat. Von barocker Feierlichkeit ist hier nichts mehr zu spüren, die technischen Ansprüche sprengen den bis dahin gekannten üblichen Rahmen. Cellist und Orchester stacheln sich in einer Art Wettlauf gegenseitig an.
Somit spricht aus diesem Konzert beides: mit dem ersten Satz der gesetztere höfische Rahmen des Spätbarock und, zum Ende hin, das in der Wiener Klassik immer beliebter werdende moderne, leidenschaftliche Virtuosentum.
Musikstück der Woche Das Marmen Quartet spielt Joseph Haydn: Streichquartett B-Dur op. 50 Nr. 1 „Preußisches Quartett Nr. 1“
Gewidmet sind sie Friedrich dem Großen, als Dank für einen Diamantring und Worte der Wertschätzung: das erste seiner „Preußischen Streichquartette“ lässt Haydn demonstrativ vom Cello eröffnen, dem Instrument des musizierenden Preußenkönigs.