Musikstück der Woche

Marzena Diakun dirigiert Brahms' Haydn-Variationen

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Autor/in
Bettina Müller-Hesse
Bettina Müller-Hesse
Redakteur/in
Doris Blaich
Kerstin Unseld

Trägt sie Frack oder Rock? Frauen am Dirigentenpult unterliegen eigenen Gesetzen. Die Chance, in Oper oder Konzert eine Dirigentin vorm Orchester zu sehen, beträgt aktuell zwei Prozent! Aber die Zeiten ändern sich. Marzena Diakun ist seit letztem Herbst Chefdirigentin des Orquesta de la Comunidad de Madrid und hat es für's Musikstück der Woche gleich mit zwei Herren aufgenommen.

Brahms und Haydn – oder doch Brahms ohne Haydn?

Johannes Brahms stößt 1870 im Wiener Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde auf sechs Bläserdivertimenti, volkstümlich „Feld-Parthien“ genannt. Komponist: Joseph Haydn.

„Das war ein Kerl! Wie miserabel sind wir gegen sowas!“, sagt Brahms. Und notiert in sein Skizzenheft eine Melodie aus der 6. Feld-Parthie, in der Haydn einen Choral verarbeitet, den „Chorale St. Antoni“. Jedoch: Diese heute berühmte Melodie stammt ziemlich sicher nicht von Haydn, sondern ist ein altes Wallfahrtslied.

Auf dem Weg zur Sinfonie

Drei Jahre trägt Brahms diesen Choral des Heiligen Antonius mit sich herum, bis er 1873, in der Sommerfrische in Tutzing am Starnberger See, acht „Variationen für Orchester“ darüber schreibt. Ein komplett neues Genre, das er da bedient.

Klaviervariationen hatte er schon komponiert, aber großangelegte Orchestervariationen, das ist neu. Es sind Gehversuche auf dem Weg hin zur symphonischen Orchestermusik, die er – Beethovens gewaltiges Werk auf diesem Gebiet vor Augen – bisher gescheut hat.

Ehre für den, der zu den Fischen predigte

Der „Chorale St. Antoni“ ist ein seltsam schöner, würdiger und ruhiger Bläserchoral, ein wenig melancholisch. Im Laufe der acht Variationen taucht Brahms diesen Choral in eine hochromantische Aura zarter Orchesterfarben. Bis auf wenige Ausnahmen reinste Wiener Spätromantik.

Brahms steht höchstpersönlich bei der Uraufführung seiner „Haydn-Variationen“ am 2. November 1873 in Wien am Pult. Ob er sich hätte vorstellen können, dass dieses so populäre Werk knapp 150 Jahre später von einer Frau dirigiert wird?

Marzena Diakun

Das Radio hat die 1981 geboren polnische Dirigentin bekannt gemacht, als sie 2015 mehrere Konzerte mit dem Orchestre Philharmonique de Radio France in Paris dirigierte. Marzena Diakun hat in Musikwissenschaften promoviert, engagiert sich sehr für zeitgenössische Musik und verantwortet etliche Uraufführungen. Seit September 2021 ist sie Chefdirigentin des Orquesta de la Comunidad de Madrid.

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