In seinem langen Leben beschäftigte sich Joseph Haydn über 40 Jahre lang mit dem Genre Klaviertrio. Obwohl seinen Werken heute der erste Höhepunkt in der Entstehungsgeschichte der Gattung zugestanden wird, sieht man seine herausragendste Leistung innerhalb der Kammermusik immer noch in der Erfindung des Streichquartetts.
Doch sind gerade unter seinen späten Klaviertrios so wunderbar fantasie- und humorvolle Stücke zu finden, die in ihrer Spielfreude bis heute unübertroffen bleiben.
Emanzipation der Streichinstrumente
Bei Haydns etwa 30 bis 40 Klaviertrios (bei einem guten Dutzend ist seine Autorschaft umstritten) verdoppelt das Cello hauptsächlich den Klavierbass, und ein großer Teil der Violinstimme geht parallel mit dem Diskant des Klaviers. Das heißt: von drei eigenständigen Stimmen ist hier noch wenig zu finden.
Während Haydn die frühen Trios gewiss zur "Unterhaltung" komponierte, eben für die Hausmusik ziemlich fähiger Amateurmusiker und deren private Soireen, "professionalisiert" er im Laufe der Jahre das Klaviertrio, und es fällt zunehmend die gleichberechtigtere und fantasievollere Behandlung der beiden Streichinstrumente ins Gewicht: Die beiden Streichinstrumente emanzipieren sich zunehmend.
Spiel mit ungewöhnlichen Tonarten
Ein auffälliges Merkmal der späten Trios, in denen Haydn jetzt überwiegend das Hammerklavier bevorzugt, ist auch das Spiel mit ungewöhnlichen Tonarten, vor allem mit Gegensätzen von Kreuz- und B-Tonarten. Verglichen mit den Streichquartetten zeigen sich die Trios oft lockerer strukturiert und zeigen improvisatorische und experimentelle Züge.
Breit angelegte Variationen-Sätze (meist Moll-/Dur-Doppelvariationen) stehen an Stelle der Hauptsätze, und viele Finalsätze sind Menuette oder haben ähnlichen Tanzcharakter. Man hat den Eindruck einer Experimentierwerkstatt, in der Haydn ausprobiert, was an Formenspiel für die drei Instrumente Violine, Violoncello und Klavier möglich ist.
Gewidmet einer großartigen Pianistin
Das E-Dur-Trio gehört zu Haydns letzter Serie von Klaviertrios (Hob. XV:27 - 29); 1795 ist diese Dreiergruppe in London entstanden und zwei Jahre später dort auch im Druck erschienen.
Die drei Trios sind der professionellen Pianistin Therese Jansen-Bartolozzi gewidmet. Nach dem hohen Anspruch des Klavierparts zu urteilen, muss die Widmungsträgerin eine hervorragende Pianistin gewesen sein: Der Klavierpart ist anspruchsvoll im Oktavspiel und den schnellen Figurationen, aber auch im Cantabile, wie gleich zu Beginn der relativ langsame Allegro-Satz mit seinen farbigen Klangfantasien zeigt.
Das folgende Allegretto, das mit einem raffinierten ernsten Unisono beginnt, ist ein melancholisches "Nachstück" von einzigartiger Wirkung.
Mit einem Finale im Dreivierteltakt beendet Haydn das Werk in atemloser Gestik, mit einem düsteren Moll-Trio als Mittelteil.