Musikstück der Woche

Faurés Orchestersuite „Pelléas et Mélisande“ mit der DRP und David Reiland

Stand
Autor/in
Christiana Nobach
Redakteur/in
Doris Blaich

Fauré schrieb „Pelléas et Mélisande“ im Jahre 1898 als Schauspielmusik zum gleichnamigem Stück von Maurice Maeterlinck. Der Dichter traf mit diesem Stück offenbar den Nerv der Zeit, Übersetzungen in andere Sprachen entstanden und Musiker nahmen sich seiner rasch an. Fauré schuf daraufhin eine Bühnenmusik, die die tragische Atmosphäre der Geschichte in kongenialer Weise einfing.

Symbolismus in Reinkultur

Das 1893 in Paris uraufgeführte Drama des belgischen Dichters Maurice Maeterlinck gilt als eines der Hauptwerke des Symbolismus. Die viersätzige Fassung von Gabriel Faurés Orchestersuite op. 80 wurde 1912 uraufgeführt.

Der hier zusätzlich eingefügte Satz, die „Sicilienne“, sollte sich zu einer von Faurés beliebtesten Kompositionen entwickeln und existiert heute in zahlreichen Bearbeitungen. Nach der Premiere und weiteren Aufführungen machte sich der Komponist daran, das musikalische Material des Werkes für eine Orchestersuite umzuarbeiten.

Am Pariser Conservatoire

Fauré bemühte sich Ende der 1890er-Jahre intensiv um eine Professur am Pariser Conservatoire, obwohl er vorher dort nicht studiert hatte und deswegen eigentlich chancenlos war. Der damalige Direktor Ambroise Thomas bevorzugte für die Kompositionsklasse denn auch einen konventioneller ausgerichteten Komponisten, erst nach dessen Tod konnte Fauré die Leitung der Klasse übernehmen, die er bis zu seiner Berufung als Direktor 1905 ausüben sollte.

Trotz erzwungener Beschäftigung mit vielfachen Verwaltungsaufgaben konnte der Komponist innerhalb eines einzigen Monats, im Mai 1898, die vollständige Bühnenmusik zu „Pelléas“ als Particell fertigstellen. Die Instrumentation übergab er allerdings seinem Schüler Charles Koechlin, ein Verfahren, das Fauré häufiger anwendete.

Bei der Bearbeitung zur Orchestersuite mit großem Orchesterapparat legte Fauré allerdings selbst Hand an: Er wählte drei der gelungensten und umfangreichsten Sätze, das Prélude, das die Entdeckung Mélisandes durch Golaud untermalt, die „Fileuse“ (Die Spinnerin), die Mélisande am Spinnrad begleitet, sowie das Molto adagio, eine ausführliche Zwischenmusik, die dem Tod Mélisandes am Anfang des 5. Akts vorausgeht. 1909 wurde die Suite um den vierten Satz, die berühmte Sicilienne, erweitert.

Zeugnis des individuellen Personalstils

Bei dem Bühnenwerk Maeterlincks handelt es sich um ein düsteres Drama von verbotener Liebe in Tristan-Manier, das in einem erfundenen mittelalterlichen Königreich während einer nicht näher bestimmten Zeit des Untergangs und der Hungersnot spielt. Auf dieser Basis entstand Faurés großer Orchestersatz, in dem das Prélude zunächst das allgemeine Stimmungsbild vermittelt und in einigen Motiven auf die kommende Handlung hinweist.

„La Fileuse“ (Die Spinnerin) beschreibt die wartende Mélisande am Spinnrad, wobei Fauré nicht nur die Schönheit der jungen Frau schildert, sondern mit seiner Musik auf deren Zerbrechlichkeit und kommende tragische Verstrickung hinweist.

Im dritten Teil dominieren Abschied, Trauer und Tod. Die acht Jahre später hinzugefügte graziöse „Sicilienne“ ging ursprünglich als reines Violoncellostück dem zweiten Akt des Dramas voraus. Bemerkenswert an der jetzt viersätzigen Suite ist vor allem die unsentimentale, nie aufgesetzt wirkende Expressivität und die changierende mystische Abgründigkeit, die das Drama so intensiv wie ergreifend deuten.

Das weltentrückte, symbolistische Stück konnte fast parallel drei unterschiedliche Meisterwerke von drei Komponisten anregen: Neben Faurés Orchestersuite entstand 1903 die brillante Tondichtung Arnold Schönbergs über den Pelléas-Stoff, die seine künstlerische Entwicklung in Richtung Atonalität und Expressionismus vorantrieb, und mit seiner Umsetzung als Opernstoff setzte Claude Debussy einen Meilenstein in der Operngeschichte.

Fauré vertonte jedoch den Text mit einer ganz transparenten und bis ins Detail nuancierten Musik, die einen intensiven und besonderen Blick auf seinen individuellen Personalstil wirft.

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Christiana Nobach
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