"…entzückte Kenner und Nichtkenner"
Seine "Siebte" schrieb Ludwig van Beethoven vor allem 1811, vollendete sie schließlich im Frühjahr 1812. Während die ersten sechs Sinfonien kontinuierlich Jahr für Jahr entstanden, komponierte Beethoven die Siebte nach einer Pause, besser gesagt nach einer Zäsur, die er vor allem für die Komposition von Klavier- und Kammermusik nutzte.
Genau diese biographisch-künstlerische Zäsur ist gleichzeitig ein Fingerzeig auf das Werk. Sie verweist darauf, dass Sinfonie Nr. 7 anders ist, als ihre Vorgängerinnen. Dreimal hatte Beethoven die Tradition aufgegriffen, sie aufgebrochen und sie neu gefestigt (Sinfonien 1, 2 und 4). Dreimal hatte er ein Sujet oder zumindest eine Grundidee gewählt (Sinfonie 3, 5 und 6). Und nun kam mit der Siebte etwas völlig Neues: Mit dieser A-Dur-Sinfonie schuf er einen neuen Typ sinfonischer Komposition, etwas ganz Besonderes. Inwiefern?
Sie verletzt nicht kalkuliert sinfonische Normen, sie bindet sich nicht an eine außermusikalische Idee. Im Unterschied zu all ihren Vorgängerinnen liegt ihre Besonderheit darin, wie Beethoven hier rhythmisch und harmonisch gestaltet. Als faszinierendes Dokument für diesen Schaffensprozess daran sind 100 Seiten Skizzen zu diesem Werk erhalten. Eine wahre Fundgrube für jeden, der bei der 'Geburt' einer Sinfonie zuschauen möchte. Getreu seinem Vorsatz "immer das Ganze vor Augen" zu haben, notierte und entwickelte Beethoven von Beginn an seine Ideen für alle vier Sätze. Beständig formte der um, spann Einfälle weiter – eine Methode, die sich auch im fertigen Werk hören lässt. Rhythmisch gestaltet Beethoven seine Sinfonie nach einer Grundstruktur, die dem Ganzen eine geschlossene Wirkung und nicht zuletzt auch ihren Schwung verleiht.
Wie stark gerade die A-Dur-Sinfonie auch schon in die Zukunft weist, zeigt ein kurzer Blick auf die Tonarten, auf Beethovens Umgang mit der Harmonik dieses Werkes. A-Dur als Grundtonart zöge nach den Regeln der Harmonik nicht unbedingt nach sich, dass weite Teile des Werkes in F-Dur stehen. Diese sozusagen fremde Tonart F-Dur aber verleiht der Musik etwas Changierendes, einen klanglichen Reichtum, der prophetisch in die Romantik weist.
Was überdies auffällt: Das 'Heroische' fehlt. Als sich das Andante schon zu Beethovens Lebzeiten zum Hit entwickelte, kam mit dem Hinweis auf Beethovens Begeisterung für die Befreiungskriege ein kämpferisch-nationaler Ton in die Lesart der A-Dur-Sinfonie. Überhaupt schien der fehlende Hinweis auf ein Motto einen Freibrief für allerhand Versuche zu liefern, der Sinfonie etwas 'anzudichten'. Am berühmtesten ist vielleicht Richard Wagner Interpretation als "Apotheose des Tanzes", wie er 1850 Beethovens Sinfonie in "Das Kunstwerk der Zukunft" beschrieb.
Als die A-Dur-Sinfonie 1813 erstmals erklang, feierte Beethoven mit diesem neuen Werk einen seiner größten Erfolge. In einem patriotischen Benefizkonzert lief die musikalische Elite Wiens auf und stellte das Orchester. Nebem Konzertmeister Ignaz Schuppanzigh spielten unter anderem Antonio Salieri, Ludwig Spohr, Nepomuk Hummel und Giacomo Meyerbeer, und mit "innigster Rührung" sprach der Komponist Beethoven davon, dass diese Uraufführung das "Nonplusultra der Kunst" gewesen sei. Die "Allgemeine musikalische Zeitung" schrieb: "Man muss dies neueste Werk des Genie's B.'s selbst, und wohl auch so gut ausgeführt hören, wie es hier ausgeführt wurde, um ganz seine Schönheiten würdigen und recht vollständig geniessen zu können. Ref. hält diese Symphonie [...] für die melodiereichste, gefälligste und fasslichste unter allen B.schen Symphonien. [...] Das Andante musste jedesmal wiederholt werden und entzückte Kenner und Nichtkenner."
Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR
Das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR spielt jährlich rund 90 Konzerte im Sendegebiet des Südwestrundfunks, in den nationalen und internationalen Musikzentren und bei bedeutenden Musikfestspielen. Das Orchester pflegt das klassisch-romantische Repertoire in exemplarischen Interpretationen und setzt sich mit Nachdruck für zeitgenössische Musik und selten aufgeführte Komponisten und Werke ein. Bis heute hat es mehr als 500 Werke uraufgeführt.
Viele namhafte Dirigentenpersönlichkeiten haben das RSO in den letzten 60 Jahren geprägt, unter Ihnen Sergiu Celibidache, Carl Schuricht, Sir Georg Solti, Giuseppe Sinopoli, Carlos Kleiber, Sir Neville Marriner, Georges Prêtre und Herbert Blomstedt. Ebenso konzertieren regelmäßig hochkarätige Solisten aller Generationen beim RSO.
Zur Saison 2011/2012 trat der Franzose Stéphane Denève seine Stelle als Chefdirigent beim Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR an und löste damit Sir Roger Norrington ab, der dem Orchester seit 1998 als Chefdirigent vorstand.