Musikstück der Woche vom 13.02.2017

Maurice Ravel: Valses nobles et sentimentales für Klavier

Stand
Autor/in
Philipp Backhaus

Edel und gefühlvoll

Ravels Wohnung war voller Kitsch und Nippes – er hatte eine Schwäche fürs Künstliche, Bizarre. Auch in seiner Musik spürt man diese Vorliebe für Automaten und Puppen. Aber hier kommt noch eine elegante Kühle hinzu und ein grandios differenzierter Umgang mit Farben und Harmonien. Unser Mitschnitt von Ravels „Valses nobles et sentimentales“ stammt von einem Ettlinger Schlosskonzert, der Pianist Bertrand Chamayou gastierte hier im April 2015.

Ravels Parallelwelten

In Ravels Kunst mischt sich immer wieder eine gewisse Künstlichkeit. Musik ist für ihn, wie sein Biograph Vladimir Jankélévitch sagt, eine „glückliche Insel“ oder ein „abgeschlossener Garten“, der mit entsprechend weihevoller Attitüde aufgesucht wird und der Alltagsrealität möglichst enthoben sein soll. Das meint aber nicht religiöse, sondern dionysische Weihen, meint Ball, Maske und Galakleid: Das Eintreten in eine fantastische, künstliche Nebenwelt des Klanges.

Die „Valses nobles et sentimentales“ spielen nicht nur im Titel auf Schubert an, sondern bringen in bunter Farbenvielfalt dessen „Walzer-Seligkeit“ zum Klingen. Acht Stücke, die Ravel bei der anonymen Uraufführung 1911 zu dem Schabernack veranlassten, das Publikum raten zu lassen, von welchem Komponisten sie jeweils stammten – acht Stücke, die ironisch mit dem Wort des Dichters Henri de Régnier „Das köstliche Vergnügen einer unnützen Beschäftigung“ überschrieben sind, was Ravel angesichts seiner falsch ratenden Freunde in der Tat ein köstliches Vergnügen bereitet haben muss. Musik als Karneval, in dem der Meister die alten und jungen Komponisten in ihren musikalischen Gewändern auftreten lässt. Welch glückliche Insel!

Bertrand Chamayou

wurde in Toulouse geboren und studierte bei Jean-François Heisser am Conservatoire National Supérieur in Paris, später bei Maria Curcio in London. Musiker wie Leon Fleisher, Dmitri Bashkirov und Murray Perahia hatten weiteren Einfluss auf seinen musikalischen Werdegang. Mit 20 war er Preisträger beim Long-Thibaud-Wettbewerb.
Heute zählt er zu den gefragtesten Pianisten seiner Generation und ist unter anderem mit Solorecitals am Théâtre des Champs Elysées und Théâtre du Châtelet in Paris, im Herkulessaal München, in der Londoner Wigmore Hall, beim »Mostly Mozart«-Festival in New York, beim Lucerne Festival und beim Klavier-Festival Ruhr aufgetreten. Zu den Orchestern, die ihn verpflichtet haben, gehören das Orchestre de Paris, das London Philharmonic Orchestra, das Orchestre National de France, das Royal Scottish National Orchestra, das Dänische Radio-Symphonieorchester, das Orchestre Symphonique de Québec, die Rotterdamer Philharmoniker sowie das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR. Die Liste der Dirigenten, mit denen er gearbeitet hat, umfasst Namen wie Pierre Boulez, Leonard Slatkin, Neville Marriner, Semyon Bychkov, Michel Plasson, Louis Langrée, Joshua Weilerstein, Jérémie Rhorer, Stéphane Denève und Andris Nelsons.

Mit großer Leidenschaft widmet sich Bertrand Chamayou der Kammermusik. Auftritte führten ihn in Konzertsäle weltweit, wobei Künstler wie Renaud und Gautier Capuçon, das Quatuor Ebène, Antoine Tamestit, Baiba Skride, Nicolas Baldeyrou und Sol Gabetta zu seinen Partnern gehören.
Seine CD-Einspielungen: Werke von Mendelssohn und César Franck, die „Années de pèlerinage“ von Liszt, ein Schubert-Album und Musik für Cello und Klavier von Chopin im Duo mit Sol Gabetta.

Stand
Autor/in
Philipp Backhaus