„Ausverkauft – das ganze Jahr! So füllen Sie den Saal durch Abonnements“ lautet der verheißungsvolle Titel von Magnus Stills neuem Buch. Der finnische Kulturmanager beschreibt darin die Wichtigkeit von Abos im Klassikbetrieb, und wie diese systematisch unterschätzt werden.
Die Zahl derer, die ein Abonnement für die gesamte Konzertsaison eines Orchesters kaufen, nimmt ab. Das wirkt nachvollziehbar. Entscheiden sich nicht Menschen jungen und mittleren Alters heute lieber spontan, ob sie am freien Abend ins Konzert, in den Club oder ins Kino gehen wollen? Lassen sie sich etwa gerne ein Programm vorsetzen, das sie nicht in freier Entscheidung, sondern aufgrund der Abo-Bestimmungen des Konzerthauses ausgewählt haben? Das kann doch nur unattraktiv sein.
Magnus Still, Leiter des internationalen Projekts „Ausverkauft“, gibt gerne zu, dass er auch so dachte, als er vor knapp zwanzig Jahren Generaldirektor des Finnischen Radio-Sinfonieorchesters wurde und sich die sinkenden Abo-Zahlen anschaute.
Dann nämlich müsste man mit kurzfristigen Maßnahmen der hauseigenen Marketing-Abteilung jedes neue Konzert des Orchesters von Null an mit Publikum füllen. Magnus Still wendet sich oft appellartig an den imaginierten Intendanten, die Intendantin, die sein Buch lesen sollen.
Das zentrale Argument von Magnus Still für Abonnements lautet: Ein guter und frühzeitiger Verkauf von Abos verschaffe den Konzerthäusern mehr Beinfreiheit, um ambitionierte und vielleicht auch unpopuläre künstlerische Experimente zu wagen. Das ist eine Überraschung des Buches, die dem gängigen Vorurteil gegenüber Konzertabonnenten widerspricht. Diese, so Still, seien eben nicht nur laut und wählerisch und moderner und unbekannter Musik gegenüber negativ eingestellt.
Deshalb ist Magnus Still in seinem Buch „Ausverkauft – das ganze Jahr“ ziemlich streng. Wahlabonnements, in denen sich die Kunden ihre Konzerte völlig frei zusammenstellen könnten, hält er für faule Kompromisse, die das Wesen des Abonnements verkennen.
Still appelliert, der Kraft des Abonnements zu vertrauen.
Wer sein Abo zehn oder zwanzig Jahre hat, wird es sogar mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu neunzig Prozent verlängern.
Magnus Still ist vor allem an deutschen Konzerthäusern als Berater tätig. Seine Beratung soll zum Beispiel der Tonhalle Düsseldorf zu einer Verdoppelung der Abonnement-Zahlen über drei Jahre verholfen haben. Es ist angenehm, dass Magnus Still in dem Buch nicht als verschwiegener Guru mit Betriebsgeheimnis auftritt. Die richtigen Maßnahmen, um die Abonnenten-Zahlen zu erhöhen, können von Ort zu Ort sehr unterschiedlich sein. Magnus Still empfiehlt teilweise sehr einfache Dinge, zu denen man allerdings auch Mut haben muss.
Magnus Stills Buch ist in der Edition „das orchester“ bei Schott erschienen und kostet 39,95 Euro. Es ist auch für interessierte Laien sehr gut lesbar und erhellend – und zwar deshalb, weil der Autor es nie bei betriebswirtschaftlichen Argumenten belässt. Es geht auch um gesellschaftliche Teilhabe an Kunst und Kultur.
Deshalb, so Still, sei es auch mal irgendwann gut mit dem Abo-Verkauf. Schließlich müssten auch noch Konzertkarten für diejenigen übrig bleiben, die dreißig Jahre lang nicht im Konzert waren und eines Tages an der Vorverkaufskasse erscheinen. Ein Abo werden die erstmal nicht kaufen – aber Magnus Still würde niemals nie sagen.