Musikthema

Eine Entdeckung wert: Die Komponistin Johanna Müller-Hermann

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Autor/in
Jane Höck

In ihrem Bekanntenkreis wimmelt es von Promis: Alban Berg, Arnold Schönberg, Alma Mahler, Alexander von Zemlinsky, Josef Labor. Sie selbst war in Wien eine berühmte Persönlichkeit ihrer Zeit. Am 15. Januar jährt sich zum 157. Mal ihr Geburtstag: Johanna Müller-Hermann, Pianistin, Komponistin und Professorin am Wiener Konservatorium.

Musikalischer Frauenclub

Die Atmosphäre im Wien der Jahrhundertwende ist vibrierend, kreativ. Der Glanz der alten Monarchie zeigt sich ein letztes Mal. Gleichzeitig kündigt sich das Neue an; mit Komponisten wie Arnold Schönberg und Alban Berg. Auch unter den Tonschaffenden Frauen herrscht Aufbruchstimmung. Der Neue Frauenclub Wien gründet sogar eine Konzert-Reihe, bei der ausschließlich Werke von Komponistinnen vorgestellt werden.

Das ist schon belegt, dass Werke aufgeführt wurden. Aber oft war das im kleineren Rahmen, so die berühmten Salons, was es ja in Wien zuhauf gab. [...] Es gab so eine Art losen Zusammenschluss von Komponistinnen, die sich gegenseitig die Werke vorgestellt haben und drüber diskutiert haben.

Musikkarriere: Männersache

Die Karriere von Johanna Müller-Hermann beginnt recht spät. Sie ist schon Mitte 30 als sie erstmals als Komponistin auftritt. Doch überhaupt eine Karriere in der Musik zu starten, war damals alles andere als üblich, erzählt Triendl.

Auch für Johanna Müller-Hermann, die am 15. Januar 1868 in Wien zur Welt kommt, ist eine Karriere als Künstlerin eigentlich nicht vorgesehen. Auch wenn sie mit Musik und Poesie aufwächst. Die Mutter singt, der Vater – ein hoher Beamter des Kaisers – unterhält die drei Kinder mit selbst erfundenen Geschichten.

Die Geschwister erhalten Klavier- und Gesangsunterricht. 1876 – Johanna ist acht, Bruder Albert gerade 13 – bekommt die Familie spannenden Besuch. Es ist der Komponist Wilhelm Westmeyer. Für Johanna ein Schlüsselerlebnis.

Nachdem wir ihm […] vorgespielt […] hatten, setzte er sich ans Klavier und begann zu phantasieren. So hatten wir noch nie spielen gehört …

Segen und Fluch folgen aufeinander

Seitdem träumt Johanna davon Komponistin zu werden. Aber der Bruder ist ihr immer einen Schritt voraus. Während er nach dem Jura-Studium Beamter wird und nebenher komponiert und dirigiert, muss Johanna zurückstecken. Sie wird auf Wunsch des Vaters Lehrerin. Erst die Ehe mit dem gut situierten Otto Martini-Müller gibt ihr die Freiheit, sich ganz der Musik zu widmen. Ausgerechnet da stirbt Albert, ihr engster Vertrauter und großes Vorbild.

Johanna Müller-Hermann ist wie betäubt. Gleichzeitig lernt sie auf eigenen Füßen zu stehen. Sie vertont erste Gedichte, vertieft ihre Klavierkenntnisse und lernt Geige. Sie studiert Musiktheorie und Komposition bei Karl Navratil, Josef Labor und Joseph Bohuslav Foerster. 

Prominente Förderung

Sie entwickelt sich zur geschickten Netzwerkerin und findet auch prominente Förderer, unter anderem Alma Mahler, die weitere Kontakte vermittelt. 

Sie hat wohl auch die Verbindung zu Zemlinsky hergestellt, bei dem sie dann auch Unterricht hatte. Und das war natürlich auch damals schon ein ganz großer und bedeutender Komponist seiner Zeit.

Durch Alexander von Zemlinsky beraten, gelingt der Komponistin 1911 ein virtuoses Streichquartett. 

Johanna Müller-Hermann (1868–1941) Streichquintett a-Moll, op. 7 P. Zalejski, D. Waskiewicz u. a.

Es beginnt ein produktives Jahrzehnt. Johanna Müller-Hermann schreibt Lieder, Kammermusik, Orchesterwerke mit Chor, eine „Heroische Ouverture“.

Erste Professorin für Komposition im deutschsprachigen Raum

1918 wird sie sogar ans Neue Wiener Konservatorium berufen. Als erste Professorin für Komposition im deutschsprachigen Raum. Es ist ihr Lehrer Joseph Bohuslav Foerster, der sie als seine Nachfolgerin vorschlägt.

Zurecht, denn Johanna Müller-Hermann wird eine engagierte Professorin, die fast zwei Jahrzehnte lang viele Studenten nach Wien lockt und nebenbei eigene Kompositionen aufführt. 1932 etwa das Klavier-Quintett, das die Presse als erfolgreiche Novität feiert.

Johanna Müller-Hermann (1868–1941) Klavierquintett g Moll op.31 mit dem Ensemble Louise Farrenc

Johanna Müller-Hermanns Stern beginnt schon zu ihren Lebzeiten zu sinken. Die Komponistin, die keine Kinder hat und nur für die Musik lebt, passt nicht ins tradierte Frauenbild der Nationalsozialisten. Nach dem 2. Weltkrieg gilt ihr Klang als überholt. Grund genug, Johanna Müller-Hermann im 21. Jh. neu zu entdecken.

Es gibt wirklich wahnsinnig viel Entdeckenswertes, was einfach qualitativ mit dem der männlichen Kollegen mindestens mithalten kann. Ich glaube, da gibt es noch ganz viele Schätze zu heben.

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Jane Höck