Donaueschinger Musiktage 2008 | Werkbeschreibung

Werke des Jahres 2008: "Figures, Doubles, Prismes"

Stand
Autor/in
Robert Piencikowski
Übersetzung
Carole Kahn

In "Figures, Doubles, Prismes" geht es Boulez vor allem um Probleme der Form und der orchestralen Akustik. Das Werk wurde 1957 komponiert, 1958 in den Concerts Lamoureux uraufgeführt und in den sechziger Jahren revidiert und erweitert (1963/1968); der Vorgang der Überarbeitung dauert bis heute an. Die Form des Stückes ist als großer Variationenzyklus konzipiert, wobei die einzelnen Teile sich jedoch überlagern und durchdringen statt in traditioneller Weise isoliert nebeneinander zu stehen. Und was die orchestrale Akustik angeht, so wird sie realisiert einerseits durch die spezifische Klangmaterie dieses Stückes und andererseits durch die räumliche Verteilung der Instrumente auf dem Podium. So erreicht der Komponist, dass bestimmte Klangtypen nicht während des ganzen Stückes fixiert bleiben, sondern sich im Verlauf der Variationen verlagern. Betrachtet man die Retuschen, die Boulez in den diversen aufeinanderfolgenden Fassungen vorgenommen hat, so kann man die Entwicklung seiner orchestralen Schreibweise gut verfolgen: Die harten Kontraste der ersten Takte weichen mehr und mehr einer Komposition breit entwickelter Übergänge. Dies zeigt sich zunächst an kurzen homorhythmischen Einwürfen, die in die ursprüngliche Textur eingearbeitet wurden. Schließlich kulminiert das Werk in breit entfalteten Violin-Passagen, die ihren homogenen Klang quer durch die Pulte auffächern (eine Hommage an Alban Bergs Violinkonzert). Auf diese Weise zeigt sich die ursprüngliche Idee von "Figures, Doubles, Prismes" in einem anderen Licht – eine Projektion, die sich dem späten Rückblick auf das frühe Werk verdankt.

Stand
Autor/in
Robert Piencikowski
Übersetzung
Carole Kahn