Reportage

Die „Woche der offenen Chöre“ in Ötigheim

Stand
Autor/in
Sven Scherz-Schade

Den Chören in Deutschland fehlt es an Mitgliedern, seit durch die Pandemie nur eingeschränkt oder überhaupt nicht mehr geprobt werden konnte. Durchschnittlich verringerte sich bundesweit die Zahl aktiver Sänger*innen um bis zu 20 Prozent, teilt der Deutsche Chorverband mit. Um etwas dagegen zu unternehmen, wurde die „Woche der Offenen Chöre“ gestartet. Etwa 1.200 Gesangsensembles haben dabei vergangene Woche ihre Chorproben geöffnet.

60 Sängerinnen bei „BelleAmie“

Im Kirchengemeindehaus Ötigheim findet nach der langen Sommerpause die erste Probe beim Frauenchor „BelleAmie“ des Vereins „Stimmkultur Ötigheim“ statt. Die Frauen probieren zum ersten Mal John Williams „Somewhere in My Memory“.

Es wird für das nächste Konzert im Dezember, die Karlsruher Proms, vorbereitet. Es ist ein großes Projekt mit Solisten und Sinfonieorchester, da braucht der Chor viele Stimmen. Deshalb ist die Werbung um neue Mitglieder wichtig. Etwa 60 Sängerinnen stark ist der Frauenchor normalerweise, an diesem Probenabend aber sind nochmals zehn mehr dabei. Eine davon ist Manuela, sie hat im Gemeindeanzeiger gelesen, dass neue Sängerinnen gesucht werden.

Chorlandkarte in Deutschland

So glatt und entspannt allerdings läuft es beim Anwerben neuer Mitglieder wohl nicht immer, deshalb hatte der Deutsche Chorverband die „Woche der Offenen Chöre“ initiiert. Bei dieser Kampagne öffneten Chöre letzte Woche ihre Proben für Neugierige.

Auf einer entsprechenden Internetplattform des Verbands wurden in eine Online-Deutschland-Landkarte alle Chöre eingetragen, die mitgemacht hatten. Wer also einen Chor suchte, konnte sich dort reinklicken und rausbekommen, welche Ensembles in seiner Nähe probten.

Von den zehn Neuen in Ötigheim jedoch war niemand über diesen Weg in die Probe gekommen. Auch hatte niemand von der Kampagne überhaupt gewusst. Für Sebastian Kühn, einer von vier Vorständen des Vereins, ist das trotzdem keine Enttäuschung. Hier gilt irgendwie das Motto „Dabei sein ist alles“

Multimediale Werbetrommel

Bei der Stimmkultur Ötigheim geht man die Werbung neuer Mitglieder auf verschiedenen Kanälen an. Auf der Website und auf YouTube z.B. ist ein 30-Sekunden-Video hochgeladen mit der unmissverständlichen Botschaft, dass Sängerinnen und Sänger gesucht werden. Es gibt Facebook- und WhatsApp-Gruppen, wo Bilder und Nachrichten gepostet und weitergereicht werden.

Kein Schwund in der Pandemie – eine Seltenheit

Der persönliche Kontakt ist bei der Mitgliederwerbung besonders wichtig. Chorsingen ist was Zwischenmenschliches, man sollte sich einander kennen und sich – im weitesten Sinne – sympathisch sein. Nur dann machen Chorproben auch richtig Spaß.

Beim Frauenchor „BelleAmie“ wie auch beim Herrenchor „MännerStimmen“ geht das alles gut zusammen. Die Stimmkultur Ötigheim kann sich über Nachfrage nicht beklagen. Auch Corona hat den Ensembles nicht geschadet, sagt Chorleiter Matthias Böhringer.

Die Stimmkultur Ötigheim war sehr, sehr, sehr aktiv in der Pandemie. Wir hatten regelmäßig Onlineproben jede Woche, wir hatten Proben im Freien, also wir haben durchweg versucht, unseren Probebetrieb aufrecht zu erhalten und den Sängerinnen und Sängern immer was zu bieten.“

Bei der Stimmkultur Ötigheim fiel nun die Woche der Offenen Chöre vom Deutschen Chorverband genau in die Woche, als man ohnehin für den Projektchor geworben hatte. Auch bei den Männern kam ein Dutzend neue Sänger, alle aber völlig unabhängig von der Kampagne. Den Vorbereitungen zum Konzert tut das aber keinen Abbruch. Chormusik aus Ötigheim, das hört sich in jedweder Hinsicht gut an.

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Autor/in
Sven Scherz-Schade