Dvořák komponierte auch für das Klavier, aber diese Stücke werden kaum gespielt. Sein größter Zyklus stammt aus dem Jahr 1889 und heißt „Poetische Stimmungsbilder“. Ein vergessener Zyklus, sicherlich. Aber auch einer, den es wiederzuentdecken lohnt? Ja, sagt der Pianist Leif Ove Andsnes, der nun eine Einspielung dieser Musik vorgelegt hat.
Gesamteinspielungen relativ selten
Die einzelnen, durchaus programmatischen Titel hat Dvořák in tschechischer und deutscher Sprache erst nachträglich hinzugefügt. Der im Deutschen heute meist übliche Gesamt-Titel „Poetische Stimmungsbilder“ stammt aber nicht von Dvořák.
Gesamteinspielungen der Klavierwerke von Antonín Dvořák sind relativ selten und stammen durch die Bank von weniger bekannten Pianisten und Pianistinnen wie Inna Poroshin oder Ivo Kahánek.
Umso auffälliger, dass sich nach Elena Bashkirova vor einem knappen Jahr jetzt mit Leif Ove Andsnes bereits der zweite namhafte Pianist diesem Zyklus widmet.
Exquisiter Botschafter kleiner Formen
Der Norweger hat sich schon öfter als exquisiter Botschafter kleiner Formen bewiesen, etwa bei Einspielungen mit Musik von Grieg und Sibelius. Jetzt also Dvořák.
Die schlichte, choralhafte Melodie in „Auf einer alten Burg“ lebt bei Andsnes von einer unerschütterlichen Ruhe. Geheimnisvoll, aber auch friedvoll, gleichzeitig ein wenig melancholisch klingt das.
Große Bandbreite an Ausdrucksformen
Andsnes spielt diese Stücke mit einer großen Bandbreite an Ausdrucksformen. Er kennt die Ruhezonen dieser Musik, aber auch die Plätze prallen Lebens.
Die Extreme dieser Musik fängt er intensiver ein als etwa Elena Bashkirova, was bei einem Vergleich des siebten Stückes, Furiant, deutlich wird: Bei Andsnes paart sich das Kraftvolle mit einem deutlich zügigeren Tempo, was dem Charakter dieses „Allegro feroce“, also dem Unbändig-Ungestüm-Wilden, eher entspricht.