Nur ein Klavier, mehr brauchte Fergus McCreadie nicht für sein neues bezauberndes Album. Bescheiden hat der hochgelobte Schotte seine Improvisationen „Sketches“ („Skizzen“), genannt. Das Gefühl, bei Wind und Wetter in den schottischen Highlands unterwegs zu sein, schwingt in seinen Stücken immer etwas mit.
„Sketches“: Der Titel ist ein Understatement
Kein teurer Steinway Flügel, sondern ein Klavier, das so aussieht und auch ein klein wenig so klingt, als habe es schon viele Jahre in einer Kneipe zu Diensten gestanden. Mehr brauchte Fergus McCreadie nicht für sein neues, bezauberndes Album.
Innerhalb von nur vier Stunden spielte er damit seine Stücke in einem kleinen Tonstudio in Glasgow ein. „Sketches“ hat er mit Understatement die Improvisationen überschrieben. Ein schlichter Choral eröffnet den Reigen, danach kennzeichnet McCreadie seine Stücke nur noch mit der jeweiligen Tonart.
Einer der interessantesten jungen Jazz-Künstler
Ohne Umschweife kann man Fergus McCreadie als einen der interessantesten Jazzköpfe der jüngeren Generation bezeichnen. Geboren wurde der Pianist in der schottischen Kleinstadt Strathpeffer, die gerade einmal 1.100 Einwohner zählt. Drumherum ist vorwiegend Landschaft, soweit das Auge reicht.
Die Einsamkeit und Leere habe seinen Willen gestärkt, sich bereits in jungen Jahren ernsthaft mit etwas zu beschäftigen, erzählt McCreadie: „Ich habe im Alter von sieben Jahren mit dem Klavierspiel angefangen, wenn ich mich recht erinnere. Niemand hat mich aufgefordert, aber zuhause gehörte schon immer ein Klavier zum Mobiliar.“
Auf Wunsch der Eltern erhielt der heute 26-Jährige Unterricht. Er hätte liebend gerne drauf verzichtet, fand das Klavierspielen nur noch schrecklich, erinnert er sich. „Das änderte sich schlagartig, als ich in einem Konzert den Jazzpianisten Richard Michael hörte. So wollte ich auch spielen: mit positiver Energie, frei und aus dem Eigenen schöpfend. Ab dem Moment fühlte sich das Musikmachen auch nicht mehr so merkwürdig, sondern wie der richtige Weg an.“
Die Musikförderung ist in Schottland keine Alibiveranstaltung, sondern ein Netzwerk mit tragfähigen Strukturen. Davon profitierte auch Fergus McCreadie. Sein Talent führte ihn an das Royal Conservatoire of Scotland, wo er 2018 seinen Abschluss machte und parallel ein hochgelobtes Debütalbum veröffentlichte.
In Fergus McCreadies Musik schwingen die Highlands mit
Bis heute schöpft McCreadie aus der reichen Musiktradition seiner Heimat. Das Gefühl, bei Wind und Wetter in den schottischen Highlands unterwegs zu sein, schwingt in seinen Stücken immer etwas mit: „Mit der Folkmusic aufzuwachsen und parallel als Teenager bereits sehr viel Jazz-Musik zu machen, hat mich am allermeisten geprägt.“
Natürlich spiele er als Pianist auch mal die Werke von Frederic Chopin oder anderen Komponisten. Doch bei aller Freude fühle es sich für ihn aber immer ein klein wenig wie ein fremdes paar Schuhe an. „Bei meinen eigenen Stücken ist das etwas ganz anderes“, sagt McCreadie. „Es ist ja nicht nur so, dass ich mich in ihnen vollkommen zuhause fühle. Auch jedes Limit einer fremden Komposition ist einfach aufgehoben.“
Dem poetischen Charme der fünf Fantasien, die Fergus McCreadie an einem Nachmittag in Glasgow für das Label Edition Records einspielte, muss man einfach erliegen. Zumal bei der Produktion ganz bewusst auf jede Art der digitalen Nachbearbeitung verzichtet wurde. So kann der Meisterpianist im heimischen Wohnzimmer auftreten und seine Skizzen aus den Highlands präsentieren.
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