Auf den ersten Blick könnte man Ilse Helbichs Erzählungen für harmlose Dorfgeschichten halten. Alle drei Texte des Bandes spielen in der fiktiven Gemeinde Scharberg, die in der Nähe der niederösterreichischen Stadt Krems gelegen ist und Ähnlichkeiten mit Helbichs tatsächlichem Wohnort Schönberg am Kamp haben dürfte.
Für die feinen Mechanismen dieses Soziotops, für die Bedeutung von Gerede und Geraune, hat Helbich einen wachen und genauen Blick. Sie schreibt in einem gepflegten, sauberen, hin und wieder etwas anachronistisch anmutenden Stil, der den Eindruck von Gemütlichkeit erzeugen könnte – wenn nicht das, was Ilse Helbich so ruhig erzählt, manchmal ungeheuerlich wäre.
Das gilt im Besonderen für die Titelgeschichte, der mit rund 50 Seiten umfangreichsten Erzählung in „Wie das Leben so spielt“. Darin tritt das Professorenehepaar Lehne auf, das in Krems unterrichtet und nun das Pensionsalter erreicht hat. In Scharberg finden die beiden ein hübsches Haus, in dem sie ihren Lebensabend verbringen möchten. Frau Riedl, die Haushälterin der verstorbenen früheren Bewohnerin, behalten die Lehnes in ihren Diensten. Sie machen Ausflüge, durchstreifen die Landschaft und bringen den Garten auf Vordermann. Was man eben so macht, wenn man im Ruhestand ist.
Ein nur scheinbar gemütlicher Lebensabend
Doch ganz allmählich, zunächst kaum merklich, kippt Ilse Helbich in dieser so entspannt wirkenden, aber schließlich geradezu sinistren Geschichte die Erzählachse und die Perspektive, weg von dem Professorenehepaar, hin zu der vermeintlich in unauffälliger Effizienz aufgehenden Haushälterin Frau Riedl. Das beginnt damit, dass zunächst ein Puli, ein ungarischer Hütehund, aufgenommen wird, den Frau Riedl nach einem Unfall wieder aufpäppelt, bis er dann doch auf rätselhafte Weise verloren geht.
Und es setzt sich fort mit dem überraschenden und schnellen Krebstod der Hausherrin Frau Lehne. Nun sind nur noch der Witwer und die Haushälterin Frau Riedl im Haus, und welchen Verlauf die Geschichte noch nehmen wird, soll an dieser Stelle nicht verraten werden, weil es sich hierbei auch um eine Art von Krimi handelt.
Außenseiter und Sonderlinge
Bemerkenswert ist die Ungerührtheit, mit der Ilse Helbich große und kleine Verluste, Lebensdramen und Alltagsmissgeschicke gleichberechtigt nebeneinander stellt. Das hat den seltsamen und stellenweise auch kalkuliert komischen Effekt, dass Schicksalsschläge oder hochkriminelle Niederträchtigkeiten mit der gleichen Selbstverständlichkeit daherkommen wie die Zubereitung eines Abendessens. Dennoch haben Helbichs Erzählungen einen humanen Kern, denn die Empathie mit schwachen, vom Leben gebeutelten Sonderlingen ist jederzeit spürbar.
Das gilt auch für die beiden anderen kurzen Erzählungen des Bandes. Wie die Titelgeschichte umspannen auch sie jeweils beinahe unmerklich einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten, und auch in ihnen stehen einsame Außenseiter wie Frau Riedl im Mittelpunkt, die gegen äußere Widerstände und tragische Erfahrungen um einen Platz im Leben zu kämpfen haben. „Einfach so“, so heißt eine Erzählung, bedient das klassische Muster der Dorfgeschichte, in der ein zugereister Fremder für Unruhe sorgt. Erneut sind wir im fiktiven Scharberg, erneut ist eine Pensionärin die Hauptfigur.
Einfühlsame und lebenserfahrene Literatur
Gerti, so der Name, einer ehemaligen Verkäuferin, fehlen die finanziellen Mittel, um ihr baufälliges Häuschen in Ordnung zu halten. Ein Mann, der ins Dorf gekommen ist, repariert zunächst nach und nach die Schäden in und am Haus und bekommt dafür freie Logis, bis aus der vierzehntägigen Probezeit eine Lebensgemeinschaft wird – sehr zum Unwillen von Gertis Tochter. In der dritten, gerade einmal sechs Seiten umfassenden Geschichte, schließen ein alter Sonderling und ein kleiner Junge eine ungewöhnliche Freundschaft.
Ilse Helbichs Erzählungen sind, auch das macht sie so sympathisch, keine ambitionierte Literatur. Aber sie zeugen von Einfühlungsvermögen und von Lebenserfahrung. Das sind Qualitäten, die gar nicht hoch genug zu schätzen sind.