SWR2 lesenswert Kritik

Katja Bigalke, Marietta Schwarz – Midlife. Das Buch über die Mitte des Lebens

Stand
Autor/in
Sandra Hoffmann

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Was geschieht mit uns in der Mitte des Lebens? Wie verändert sich unser Körper, wie können wir damit umgehen? Wie schauen wir auf Arbeit und Liebe, auf die Freundschaften, auf die alternden Eltern und die älter werdenden Kinder? Basierend auf ihrem erfolgreichen Podcast und im Gespräch mit zahlreichen ExpertInnen ergründen die Journalistinnen Katja Bigalke und Marietta Schwarz die Anfechtungen und Freuden der Mitte des Lebens.

Aufbau Verlag, 238 Seiten, 22 Euro
ISBN 978-3-351-04188-5

Katja Bigalke und Marietta Schwarz arbeiten als Journalistinnen beim Deutschlandfunk und haben in der Vergangenheit mit jeweils eigenen Podcasts Erfahrungen gesammelt und Erfolg gehabt. Danach haben sie einen gemeinsamen Podcast gestartet und dazu ein Buch geschrieben: „Midlife. Das Buch über die Mitte des Lebens“ - Sandra Hoffmann.

Wo eigentlich befinden wir uns, wenn wir von Midlife sprechen und was passiert da mit unserem Körper und unserer Psyche? Und wann sind wir in unserer Lebens-Halbzeit angekommen, fragen Katja Bigalke und Marietta Schwarz, zwei Journalistinnen in ihrem gemeinsam geschriebenen Buch „Midlife“. Und kommen beim Forschen und Nachdenken darüber, über welchen Lebensabschnitt sie denn nun sprechen und schreiben wollen, zu der Erkenntnis:

„Rein rechnerisch liegt die Mitte des Lebens in Deutschland bei 40,6 Jahren - nimmt man die durchschnittliche Lebenserwartung von 81,3 Jahren als Grundlage. … (Aber) es lohnt sich, die komplexen Vorgänge, die der eigene Körper zwischen 35 und 55 Jahren durchmacht, zu kennen! (Denn) wie wir altern, ist nur zu fünfzehn Prozent genetisch vorbestimmt, den Rest machen Umwelteinflüsse, Ernährung, Bewegung oder sportliche Aktivität aus. Die physischen Marker des Midlife lassen sich individuell verschieben oder wenigstens beeinflussen.“

Das Buch „Midlife“ ist eine Collage. Entstanden aus dem gleichnamigen, und von den beiden Autorinnen während der Corona-Zeit gestarteten Podcast, der in der Reihe küchenstuhl.io des Berliners Philip Bange lief – und sehr erfolgreich war. Das Buch versammelt in vierzehn größeren Kapiteln mit Überschriften wie

„Zelltod, Meno- und Andropause“

oder

„Bauchfrei, Cap, Jeans mit Riss“

oder

„Heim und Hochbeet“

immer eine Reihe von kleinen Texten und Interviews mit Expertinnen und Experten. So wird zum Beispiel im Großkapitel „PimpDas Anti-Aging-Programm“ über Botox und seine Entdeckung, seine Verwendung und den Siegeszug auch in Deutschland erzählt. Neben dem Wissenswerten, also neben Fakten und Zahlen, meldet sich immer eine der Autorinnen zu Wort.

Im Falle von Botox etwa Katja Bigalke, die ihre persönliche Haltung zum Umgang mit dem alternden Körper und Schönheitsoperationen erzählt. Eine Kosmetikerin gibt Einblick in die Möglichkeiten des Anti-Aging. Die Frage wird gestellt: Was hat mehr Würde und was mehr Stil, faltig zu altern oder sich glatt spritzen zu lassen? Ist Botox sowas wie Pediküre? Eine Expertenmeinung wird eingeholt, jemand aus dem Freundeskreis wird nach seiner Gesinnung gefragt. Und am Ende des Kapitels gibt es ein Fazit:

„Mit der nachfolgenden Generation wird sich die Debatte um künstliche Natürlichkeit vermutlich eh erübrigen, weil Eingriffe welcher Art auch immer hier bereits längst eh Mainstream sind. Die Diskussion darum, welche Rolle der Kapitalismus in der Verbreitung jugendlicher Schönheitsideale spielt, die wird aber so aktuell bleiben wie die allzeit berechtigte Kritik an diesem Wirtschaftssystem.“

Das ist alles geschmeidig lesbar, mit Weitsicht geschrieben und informativ. Zudem so gearbeitet, dass die Leserin sich zu allem ihre Meinung bilden kann. Es ist darüber hinaus so in Häppchen gegliedert, dass es die am Internet geschulte Aufmerksamkeitsspanne nicht übersteigt; leicht lässt sich mal schnell ein Kleinkapitel lesen zwischen den To-dos des täglichen Lebens.

Dabei hat man nie das Gefühl, rausgeworfen zu werden aus einem großen Ganzen. Das ist sympathisch und außerdem praktisch, weil dieses Buch dadurch ein Begleiter werden kann durch den Alltag. Aber so recht zufrieden macht es nicht. Warum? Weil wir nicht in die Tiefe gelangen, weil alles irgendwie ein bisschen beliebig ist und weit weg. Zwar kommen darin eine ganze Reihe von Menschen mit Namen vor, aber wir kommen ihnen nicht nahe.

Wer ist Martin und wer ist Anka und wer ist Peter? Es sind Freunde der Autorinnen des Buches. Aber sie werden nicht vorgestellt und kommen so beliebig zum Einsatz wie Feuerwehrmänner und Krankenschwestern beim Kinderspiel mit Playmobil. Sie werden keine Menschen, die wir sehen, und hören tun wir sie eben auch nicht. Das ist schade, und zeigt, dass es eine gewisse Übersetzungsleistung braucht, wenn aus einem lebendigen und gelungenen Podcast ein wirklich gutes Buch werden soll.

SWR2 Tandem Über die Mitte des Lebens – Die Journalistinnen Katja Bigalke und Marietta Schwarz

Die Journalistinnen haben recherchiert, welche Erfahrungen in der Mitte des Lebens gemacht werden und welche (unüblichen) Wege sich in dieser Zeit öffnen. 

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Autor/in
Sandra Hoffmann