Der Österreicher Michael Köhlmeier hat nicht nur ein Faible, sondern auch ein gutes Gespür für Heldinnen und Helden, die sich im Übergangsalter von der Kindheit ins Jugendlichendasein befinden, die aber durch widrige Umstände sehr schnell zum Erwachsensein gezwungen sind. Man denke nur an Köhlmeiers Romane „Das Mädchen mit dem Fingerhut“ oder „Madalyn“. Und man darf aus der Lektüreerfahrung von Köhlmeiers Romanen zu dem Schluss kommen, dass seine kurzen, prägnanten Bücher und auch seine Erzählungen den opulenten, weit ausgreifenden Geschichten qualitativ in nichts nachstehen.
Nun also Frankie, ein knapp vierzehnjähriger Protagonist, den Köhlmeier geschickt in ein Spannungsverhältnis zu einem alten Mann stellt. Der Mann ist sein Großvater, 71 Jahre alt und frisch aus dem Gefängnis entlassen. Dort ist er vier Jahre vor Frankies Geburt hingekommen; früher hat die Mutter Frankie ab und an mit zu Besuch ins Gefängnis genommen; irgendwann hat der Junge sich dann geweigert. Nun ist der Großvater wieder da, seinen Koffer unter dem Arm, und begrüßt den Enkel als „Frankie Boy“, so als wären sie die dicksten Freunde.
Frankie ist abgestoßen und zugleich fasziniert. Das normale Leben geht weiter. Und trotzdem ist alles anders. Denn der Großvater vereinnahmt Frankie. Umgarnt ihn, beansprucht ihn. Etwas baut sich auf, und das muss nicht unbedingt etwas Gutes sein. Köhlmeier hält diese Ambivalenz des Alltags kunstvoll in der Schwebe.