Der 1960 im westukrainischen Iwano-Frankiwsk geborene Juri Andruchowytsch wurde in Deutschland mit seinem 2005 in Übersetzung erschienenen Roman „Zwölf Ringe“ bekannt. 2006 erhielt Andruchowytsch den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung. Gerade in seinen literarischen Texten war Andruchowytsch schon immer ein gewitzter Spieler, der seinen Lesern eine wilde, postmoderne Mixtur aus folkloristischem Kitsch, Restbeständen des alten Habsburg, kommunistischen und kapitalistischen Auswüchsen servierte. Drei- und vierfache Böden, durch die man hindurchfällt, um auf einer neuen Text- und Geschichtsebene anzukommen, psychedelische Halluzinationen, rhetorische Gewitter und glänzend geschriebene konventionelle Passagen wechseln sich in Andruchowytschs Romanen bruchlos ab.
In einem Interview zu seinem neuen Buch sprach Andruchowytsch davon, dass er schon immer davon geträumt habe, einen „akustischen Roman“ zu schreiben. Das ist ihm mit „Radio Nacht“ vortrefflich gelungen. Der Protagonist ist ein Mann mit dem schön klingenden Namen Josip Rotsky, der als Barpianist arbeitet. Das Buch ist bereits vor zwei Jahren fertig gewesen, und doch hat es angesichts des Angriffs auf die Ukraine eine verblüffende Aktualität, denn Rotsky musste als Unterstützer der Revolution ins Schweizer Exil gehen, wo er sich als Barmusiker durchschlägt.
Als der Diktator seines Landes in eben diesem Hotel zu Gast ist, trifft Rotsky eine Entscheidung. Und als Moderator des Senders „Radio Nacht“ spielt er seine Lieblingsmusik und erzählt seinen schlaflosen Hörern seine Biografie. Ein wildes Buch, zusammengesetzt aus den unterschiedlichsten Genres und Anspielungen.