2019, zu seinem 80. Geburtstag, hatte Volker Braun sich und seinen Leserinnen und Lesern mit dem Band „Handstreiche“ ein Geschenk gemacht: Dort gab er, in Notizen, Aphorismen und Reflexionen gekonnt den Narren, der in Wahrheit über die Weltweisheit verfügt.
Das neue Buch trägt die Ambivalenz bereits im Titel
Die Fuge ist sowohl ein streng gegliedertes Musikstück, bei dem das Thema sich durch die einzelnen Sätze zieht, als auch ein Spalt, eine Lücke, die die Handwerklichkeit eines Gegenstandes sichtbar werden lässt.
Bei Braun kommt beides zusammen: Das Generalthema der Gedichte, die überwiegend im Lauf des Jahres 2020 entstanden sind, ist der durch die Corona-Pandemie erzeugte Zwangsstillstand in sämtlichen Lebensbereichen: Die persönlichen Begegnungen weichen der ängstlichen Distanz, die Kultur ist auf Eis gelegt, die Politik im reinen Reaktionsmodus. Gestaltet wird später wieder – wenn überhaupt.
Nicht ohne Grund steht an zentraler Stelle in der Mitte des schmalen Bandes das Gedicht „Sorgen des Staatswesens“. Dort heißt es:
Das emotionale Feld, auf dem Braun sich dichterisch bewegt, ist ein Zwischenreich von Resignation und Hoffnung, zwischen Müdigkeit und unfreiwilliger Schlaflosigkeit. Ende offen. Doch immerhin produziert dieser Zustand erstaunlich kraftvolle Gedichte.