Die 1966 geborene Schriftstellerin hat sich zur Spezialistin für schmale, präzise gearbeitete und hintergründige Kurzromane entwickelt, in deren Mittelpunkt historische Figuren stehen.
In ihrem neuen Roman reist sie ins Jahr 1764 und auf eine Insel namens Elephanta, ein merkwürdiges indisches Territorium, auf dem sich eine nicht minder merkwürdige Gesellschaft auf verschlungenen Wegen zusammengefunden hat: Der Mathematiker Carsten Niebuhr aus Norddeutschland wollte eigentlich nach Arabien, Meister Musa hingegen, ein persischer Astrolabien-Baumeister, hatte sich Mekka als Ziel vorgenommen. Nun sitzen die beiden auf der Insel, warten auf Rettung und unterhalten sich auf Arabisch, beäugt von den Ziegen der Insel, die ab und zu ihre Köpfe durch das Gestrüpp stecken.
Niebuhr ist eine reale Figur, ein Forschungsreisender und Entdecker, auf dessen Aufzeichnungen sich Wunnicke beim Schreiben ihres Romans gestützt hat, der allerdings sehr schnell ein so poetisches wie komisches Eigenleben zu entwickeln beginnt. Zwischen den beiden Männern entwickelt sich zwangsläufig eine Freundschaft, die damit beginnt, dass Musa den fiebernden Deutschen mit dem für ihn komisch klingenden Namen gesund pflegt. Das eigentliche und ohnehin kuriose Ziel seiner Forschungsreise gerät Niebuhr schnell aus dem Blick, stattdessen richten sich die Augen nach oben, zum Sternbild Kassiopeia, dessen unterschiedliche Ausdeutung durch die beiden Männer dem Roman seinen Namen gibt.
Wunnicke inszeniert kulturelle Missverständnisse auf ungemein komische, aber niemals denunzierende Art und Weise. Sie zeigt, wie unterschiedliche Perspektiven auf ein und dieselben Dinge komplett unterschiedliche Bedeutungen erzeugen. Das ist charmant und schlau.