Susanne Kerckhoff schrieb Lyrik und Prosa; beide wurden bereits in den Nullerjahren auf Betreiben von Autorinnen wie Ines Geipel und Monica Melchert der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Nun ist mit dem „Briefroman“ untertitelten Werk ein weiteres Kapitel aufgeschlagen. In der Vorbemerkung aus dem Jahr 1947 schreibt Kerckhoff, es sei ein Buch, in dem irgendeine Berlinerin, Helene, Briefe an irgendeinen vor den Nazis nach Paris geflohenen Emigranten, Hans, schreibe und sich bemühe, politische Rechenschaft abzulegen. Eine Gewissenserforschung also.
Kerckhoff, Tochter einer Berliner Intellektuellenfamilie, trat 1945 aus der SPD aus und 1948 in die SED ein. Sie schrieb für die Satirezeitschrift „Ulenspiegel“ und wurde Feuilletonchefin der „Berliner Zeitung“, bis sie wegen eines Artikels in politischen Misskredit geriet und, wie Herausgeber Peter Graf es formuliert, „Opfer eines von Männern dominierten politischen Ränkespiels wurde“, das von höchster Stelle gelenkt worden sein soll.
Kerckhoffs Briefroman ist die mit erstaunlicher Distanz und Disziplin verfasste Selbstüberprüfung einer jungen Intellektuellen, die den Nationalsozialismus in der inneren Emigration überstanden hat, geschrieben mit klarem Bewusstsein und unideologischem Blick, frei von Illusionen.