Die ideale Vorlage für eine Fernsehserie
Margaret Atwoods Buch „Der Report der Magd“ ist eine Dystopie, eine düstere Zukunftsvision. Nach zahllosen Kriegen ist die Menschheit unfruchtbar – Frauen, die vielleicht Kinder bekommen können werden mächtigen Familien zugeteilt – als Zweitfrau. Atwoods Roman wurde von Volker Schlöndorff verfilmt: „Die Geschichte der Dienerin“, kam in Berlin wenige Tage nach dem Mauerfall in die Kinos.
Wenn man ehrlich ist: Es ist keine realistische Gefahr, dass die Welt so werden würde. Die Geschichte einer funktionalisierten Religion mit Polygamie und demokratischer Selbstaufgabe hat Houellebecq schrecklicher und glaubwürdiger erzählt. Margaret Atwood, das war für viele der literarische Arm der feministischen wie linksalternativen Bewegung – ihr Roman ist eine ideale Serienvorlage, weil das Setting, also die Personenbeschreibung etc. so präzise und beklemmend ist. Literarisch sind Erzählhaltung und Figurenzeichnung wenig spektakulär.
Jedes Buch über die Zukunft ist ein Buch über die Gegenwart
Pünktlich zum Friedenspreis erscheint jetzt eine Essaysammlung: Aus „Neugier und Leidenschaft“. Zwischen Kritiken und Essays erzählt Atwood aus ihrem Leben. Ein spannendes Leben, eines, das über die ganze Welt verstreut stattfand, immer wieder auch in Deutschland. Bekannt geworden ist sie für dicke Romane, manche wie die Räuberbraut spielen hier und heute, aber seltsamerweise hat sie sich früh sehr für Zukunftsromane interessiert.
Zukunftsromane sind gerade schwer in Mode, weil alle merken, wie sich die Welt durch Klimawandel und Digitalisierung ändert. Gut so. Der Friedenspreis zeichnet immer auch eine Haltung aus. Und die ist bei Atwood mustergültig aufrecht.
Atwoods Erbe - erst für unsere Erben
Man fragt ja immer gerne, was von einem Autor bleibt. Das ist bei Margaret Atwood leicht zu beantworten. Sie hat an einem Projekt teilgenommen, das heißt future library. Die Organisatoren haben Fichten gepflanzt, die in 99 Jahren das Papier liefern für Bücher, die heute schon geschrieben werden. Den ersten Roman für diese Zukunftsbibliothek hat Margaret Atwood geschrieben und zur Veröffentlichung hinterlegt. Wir werden es alle nicht mehr mitbekommen, welche Resonanz der letzte neue Roman von Margaret Atwood findet, wenn er im Jahr 2115 erscheint.