Die meisten von uns haben eigentlich alles. Außer am Black Friday! Da jagen wir Schnäppchen hinterher und kaufen, was wir eigentlich gar nicht brauchen. In SWR2 erklärt der Berater, Trendanalyst und Autor Carl Tillessen das unter anderem damit, dass der Mensch noch nicht lange genug im Überfluss lebe und daher unser Hirn nicht wisse, wann genug ist.
Fehlende Konsumbremse
„Uns fehlt im Hirn eine Konsumbremse“, meint Carl Tillessen mit Blick auf den Hype um die Rabattschlacht am Black Friday, der viele erliegen. Der Grund für das Manko sei in der Menschheitsgeschichte zu suchen: „Wir leben ja eigentlich erst seit dem 2.Weltkrieg im Überfluss.“
Drastisch vergleicht Tillessen den Kauf überflüssiger Konsumgüter mit dem Fressverhalten bestimmter Hunderassen: „Zum Beispiel Cocker-Spaniel – die fressen einfach bis sie platzen."
Zum Beispiel Toilettenpapier in der Pandemie
Aus Tillessens Sicht handelt es sich beim Konsumverhalten um „tief sitzende Ur-Reflexe“: „Das ist stärker als unsere Vernunft.“ Das beste Beispiel seien die Panikkäufe von Toilettenpapier zu Beginn der Corona-Pandemie. Eigentlich sei das die lächerlichste aller Corona-Maßnahmen gewesen. Aber: „Es gab dieses Gerücht, der Artikel könne knapp werden - und alle haben gekauft.“
Der Trick mit der Verknappung
Der Black Friday funktioniere nach dem Prinzip, eine Ware zeitlich zu verknappen: Der Handel suggeriere, dass ein Produkt nur bis zu diesem Tag billiger sei. Verknappung löse generell psychologisch einen Kaufanreiz aus: „Wenn man uns sagt, dass ein bestimmter Sneaker nur in einer limitierten Auflage produziert wurde – darauf springen wir an.“
Bei angegebenen Listenpreisen, die einen Spareffekt zeigten, solle man als Konsument aufpassen, denn ob die stimmten, lasse sich kaum überprüfen, meint Tillessen: „Da wird viel getrickst. Wir haben das Gefühl, ein wahnsinniges Schnäppchen gemacht zu haben, obwohl der Preis eigentlich gar nicht so außergewöhnlich ist.“
Viele meckern – aber es gibt Umsatzrekorde
Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sei der Black Friday hingegen bedenklich. Tillessen sieht den Run auf Konsumartikel an diesem Tag jedoch also typisches Beispiel dafür, dass sich die Menschen in der Praxis anders verhalten als sie eigentlich wollten. Befragungen zeigten, dass die Konsumenten den Tag kritisch sehen, aber: „Tatsächlich ist es so, dass jedes Jahr aufs Neue Umsatzrekorde gemeldet werden.“
Warten lohnt sich nur selten
Welche Produkte sich tatsächlich am Black Friday „lohnen“? Der Experte Tillessen meint: Am ehesten noch Elektrogeräte, deren Anschaffung nicht dringend ist. Wenn man auf diesen Tag warten könne, zeige die Erfahrung, dass es bei Mikrowellen oder einem Fernseher die besten Rabatte gebe.
Carl Tillessen ist studierter Betriebswirt und Kunsthistoriker. Er arbeitet als Geschäftsführer und Chefanalyst des Deutschen Mode – Instituts. Über unser Einkaufsverhalten hat er ein Buch geschrieben.