Im Hafen von Barcelona protestieren Menschen gegen Kreuzfahrtschiffe und Massentourismus

Urlaubsorte wehren sich gegen Overtourism

„Unsere Strände!“ – Die Proteste gegen den Massentourismus häufen sich

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Philine Sauvageot
Philine Sauvageot

Besonders Einheimische auf den Kanarischen Inseln und Mallorca leiden unter dem Massentourismus, der die Lebensqualität einschränkt. Seit April häufen sich ihre Proteste.

Wem gehört die „Instagram-Bucht“?

„Ocupem les nostres platges“ (Wir besetzen unsere Strände) – Mit solchen Slogans protestierten rund 300 Einheimische auf Mallorca gegen den Massentourismus. Sie wählten dafür die Bucht „Caló des Moro“, die sogenannte „Instagram-Bucht“ im Südosten der Insel. Mit ihrem türkisfarbenen Wasser ist sie eine beliebte Kulisse für Selfies und Co.

Menschen stehen Schlange am Strand Calo des Moro in Mallorca, einem der überfüllten Strände Mallorcas.
So sieht es am Strand Caló des Moro normalerweise aus: Menschen stehen Schlange. Oft ist der Andrang so groß, dass viele keinen Platz mehr zum Baden finden.

Mit Alkoholverbot und anderen Maßnahmen die Exzesse eindämmen

Der Grund auch früherer Proteste: Einheimische klagen über eine sinkende Lebensqualität. Der Bürgermeister der Inselhauptstadt Jaime Martínez kündigte Ende Mai an, unter anderem die Zahl der Urlauber und der Kreuzfahrtschiffe zu begrenzen. In Partyzonen auf Mallorca und Ibiza, etwa am „Ballermann“, darf man seit Kurzem auf offener Straße und am Strand keinen Alkohol mehr trinken.

Tausende demonstrieren Ende Mai auf Mallorca unter dem Slogan "Sagen wir basta!" gegen Massentourismus.
Ende Mai demonstrieren Tausende auf Mallorca unter dem Motto „Sagen wir basta!“.

Verzweiflung führt sogar zum Hungerstreik

Vor allem in Spanien formieren sich zunehmend Bewegungen gegen den „Overtourism“. Es geht ihnen dabei auch um die schleichende Umweltzerstörung. Auf den Kanarischen Inseln, die offiziell zu Spanien gehören, kommen in der Urlaubszeit auf jeden Einwohner im Schnitt etwa acht Touristen. Hier wird zurzeit eine Ökosteuer für den Besuch der Nationalparks diskutiert.

Mitte April zeigten unter dem Motto "Die Kanaren haben eine Grenze" 55.000 Menschen auf den Kanarischen Inseln ihren Ärger. Mehrere Menschen waren zwischenseitlich auch in den Hungerstreik getreten.
55.000 Demonstranten forderten Mitte April auf den Kanaren eine Obergrenze der Zahl der Touristen und bezahlbaren Wohnraum für Einheimische. Mehrere Menschen gingen zwischenzeitlich in den Hungerstreik.

Die Leute leben nicht vom Tourismus. Vom Tourismus profitiert seit 150 Jahren eine einzige Bevölkerungsgruppe: die Besitzer von Immobilien.

Selbst eine Eintrittsgebühr ändert nichts?

Seit Ende April verlangt Venedig von Tagesbesuchern eine Eintrittsgebühr von fünf Euro. Das schreckte die Touristen allerdings in der 29-tägigen Testphase nicht ab. Den Historiker Valentin Groebner wundert das nicht: Die Gebühr hält er für zu niedrig. Der Tourismus sei immer zerstörerisch und schädlich, sagt er in SWR Kultur.

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Es wird immer voller werden, denn die Welt wird immer wohlhabender. Alle, die das können, werden reisen.

Der Unmut bahnt sich weiter seinen Weg: Für Ende Juli ist auf Mallorca die nächste Großdemo gegen die Auswirkungen des Massentourismus angekündigt.

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