„Alan Wake 2“, „Baldurs Gate 3“, „The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom“: Für Gamerinnen und Gamer war 2023 ein herausragend gutes Jahr. Trotzdem stecken gerade kleinere und europäische Entwickler in der Krise. Der Kostendruck trifft vor allem die Mitarbeitenden. Klar ist: Ein Spielejahr wie 2023 dürfte so bald also nicht wiederkommen.
2023 ist ein legendäres Jahr für Computerspiele
„Alan Wake 2“ ist ein Horror-Computerspiel, das sich um einen depressiven Schriftsteller dreht, der versucht, seinen Dämonen Herr zu werden. Und: „Alan Wake 2“ ist einer der Gaming-Hits in diesem Jahr. Doch das Spiel hat ein Problem: In so ziemlich jedem anderen Jahr wäre „Alan Wake 2“ zum Titel „bestes Spiel des Jahres“ spaziert, doch nicht im Jahr 2023.
Bei Computerspielen ist es wie bei Weinjahrgängen, es gibt mittlelgute, sehr gute und alle Jubeljahre mal ein herausragendes Jahr. 1998 war so ein legendäres Computerspieljahr, 2006 ebenfalls und nun auch 2023. Dieses Jahr war so gut, dass selbst ein grandioses Spiel wie „Alan Wake 2“ die Euphorie kaum noch steigern konnte.
Verschiebungen durch die Pandemie bereichern das Spielejahr
Woran liegt das? Zum einen ist das der Zufall, sagt Geraldine Hohmann, die beim Spielmagazin „Gamestar“ den Podcast „Gamestar Talk“ moderiert. Viele Spiele haben sich, unter anderem durch die Pandemie, verschoben und landeten im Jahr 2023.
Diese Verschiebungen hätten wohl auch dazu geführt, dass die Entwicklerinnen und Entwickler den Überblick über die Releasefenster verloren hätten, meint Hohmann: „Dann hat eben auch Zufall, glaube ich, echt mit eine große Rolle gespielt, dass jetzt die dicken Fische alle gleichzeitig erschienen sind.“
Ein tolles Jahr für Gamer, ein schreckliches Jahr für die Beschäftigten
„Starfield“, „Diablo IV“, „Baldurs Gate 3“, „The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom“, „Spider-Man 2“: Viele dicke, schmackhafte Computerspiel-Fische gab es in diesem Jahr und das ist schön für die Gamerinnen und Gamer. Aber der Computerspielteich wurde deswegen auch etwas überfischt.
Viele kleine und mittelgroße Spiele hatten es schwer, Aufmerksamkeit zu bekommen und Käufer zu finden. 2023 war nämlich auch das Jahr in dem viele Spiele floppten, Studios schließen mussten und Personal abgebaut wurde. 2023 war deswegen zwar einerseits ein tolles Spielejahr, aber für viele Beschäftigte zugleich ein furchtbares Spielejahr.
Dramatische Situation für europäische Publisher
Denn die eigentlich so erfolgsverwöhnte Computerspielbranche befindet sich in der Krise, sagt Petra Fröhlich von der Branchen-News-Website „Gameswirtschaft“, das könne man unter anderem an den Börsenkursen ablesen: „Gerade die Aktien der europäischen Publisher befanden sich zuletzt ja im freien Fall, und das ist im Einzelfall wirklich dramatisch.“
Lang erwartete Spielefortsetzung Start von „The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom”: Was macht den Game-Klassiker so besonders?
Es ist eins der am meisten erwarteten Game-Releases des Jahres. Mit „Tears of the Kingdom” legt Nintendo den Teil 19 der Spiele-Saga um Link, den Schwert-schwingenden Helden, und Prinzessin Zelda vor. Kurz vor Start war das Spiel bei den großen Anbietern ausverkauft. Für die Fans ist „Zelda” Kult, denn die Reihe kombiniert gekonnt Nostalgie mit spielerischer Innovation.
„Wir erleben außerdem Entlassungen im großen Stil, dazu Projektstopps und Verschiebungen“, ergänzt Fröhlich. „Ganze Standorte und Abteilungen werden geschlossen. Also ja, die Branche durchlebt derzeit einen echten Stresstest.“ Dies geschehe auch deshalb, so die Expertin, weil die Unternehmen in den vergangenen Jahren deutlich Personal aufgestockt hatten.
Kostenreduktion per „Rasenmähermethode“
Vor allem die Mitarbeitenden trifft die Krise hart. Das hoch angesehene Münchner Entwicklerstudio Mimimi Games erklärte Ende August schließen zu müssen und das, obwohl ihr letztes Spiel „Shadow Gambit“ von den Computerspiel-Kritikern gefeiert wurde. Und auch in anderen Ländern wird der Rotstift angesetzt.
„Die Mitarbeiter sind wie immer die Leidtragenden, weil sie das schwächste Glied in der Kette sind“, meint Petra Fröhlich. Das sehe man an den Entlassungswellen, da die Unternehmen vielfach per „Rasenmähermethode“ Kosten von zehn bis zwanzig Prozent einsparen müssten.
Entsprechend sei auch das Interesse an Betriebsratsgründungen oder -beratungen angestiegen. „Das heißt, es gibt eine tatsächlich messbare, fühlbare Angst um den Arbeitsplatz und um tatsächlich um den Fortbestand der Unternehmen“, so Fröhlich.
Vermutlich werden die Unternehmen in der nächsten Zeit weniger Experimente wagen und stattdessen auf Fortsetzungen und Altbekanntes setzen. Eins scheint deswegen klar: Ein Spielejahr wie 2023 dürfte so bald nicht wiederkommen.