Jeder zweite Befragte über 40 Jahre fühlt sich häufig oder manchmal einsam. So jedenfalls das Ergebnis einer Studie der Techniker Krankenkasse. Bei jungen Menschen zwischen 18 und 39 Jahren waren es sogar zwei Drittel der Befragten. Der Studie zufolge sind jüngere Menschen nicht nur häufiger betroffen, sie leiden auch stärker unter ihrer Einsamkeit.
- Das Alleinsein annehmen
- Sich an den Weihnachtstagen etwas Schönes vornehmen
- An Weihnachten und Silvester keine Probleme analysieren
- Über seine Gefühle sprechen
- Weihnachten oder Silvester mit Fremden feiern
Das Alleinsein annehmen
Schwierige Situationen werden oftmals leichter, wenn man sie annimmt. Das kann eine vermasselte Prüfung, das Ende einer Beziehung oder der Verlust eines Menschen sein. "Und die eigenen Gefühle, wie Trauer oder auch Wut anzunehmen, kann Stress abbauen", betont der Psychotherapeut Ulrich Bestle, Vorstandsmitglied der LandesPsychotherapeutenKammer Rheinland-Pfalz. "Das ist aber kein Schalter, den man einfach umlegen kann, sondern ein langer Prozess."
In dem Augenblick, wo es einem gelingt, die Situation zu akzeptieren, ist man ihr nicht mehr hilflos ausgeliefert. Die Kontrolle zu haben und selbstwirksam sein zu können, sagt Bestle, sei sehr wichtig. Es ist dann möglich, die Situation selbst aktiv zu gestalten. Im Fokus steht dann nicht mehr allein der Verlust, sondern auch die Möglichkeiten, die sich aus der Situation ergeben könnten.
Für Weihnachten und Silvester bedeutet das, sich Folgendes zu fragen: Was möchte ich mit meiner Zeit anfangen? Wie könnte ich mir etwas Gutes tun? Könnte ich mir vielleicht etwas ganz Besonderes gönnen?
Sich an den Weihnachtstagen etwas Schönes vornehmen
Wer an Weihnachten allein ist, sollte sich am besten gut darauf vorbereiten und sich gezielt Dinge vornehmen, empfiehlt Bestle. Denn wenn die Einsamkeit einen am Abend dann doch überwältigt, kann der Plan helfen. Der gestreamte Film, den ich mir schon ausgesucht habe, das leckere Essen, das ich mir zubereiten wollte, der Waldspaziergang oder das Buch in der Badewanne können dann ein Rettungsring sein, an dem ich mich halten kann.
Und auch wenn an Heilig Abend rund um die Bescherungszeit alles zu hat, spät am Abend machen dann doch ein paar Clubs oder Lokale auf. Das ist vor allem in Städten schöne Tradition und eine gute Gelegenheit, doch noch andere Menschen zu treffen. "Denn ganz grundsätzlich sind wir Menschen soziale Wesen", betont Bestle. "Eingebunden zu sein, ist für uns sehr wichtig".
An Weihnachten und Silvester keine Probleme analysieren
Viele Menschen leiden darunter, allein zu sein, weil dann Ängste, Selbstzweifel oder Schuldgefühle hochkommen, die sie sonst gut verdrängen können. Wenn man allein mit sich ist, können diese Gefühle überwältigend sein. Bestle empfiehlt, sich eine festgesetzte Zeit intensiv damit zu beschäftigen, sich vielleicht sogar Notizen zu machen, dann aber wieder zu seinem Plan für die Weihnachtstage zurückzukehren.
Andere Psychologen raten ganz davon ab, an Weihnachten die eigenen Probleme zu analysieren. Die Weihnachtszeit sei extrem emotional und gerade dann zu grübeln nicht hilfreich. Verdrängung ist nicht immer schlecht und an solchen Tagen vielleicht sogar das Beste, was man tun kann.
Über seine Gefühle sprechen
Trotz aller guter Vorbereitung auf die Feiertage kann einen dann doch die Einsamkeit überwältigen. Die Isolation fühlt sich so groß an, dass Ablenkung und Zerstreuung einfach nicht möglich sind. In dieser Situation sollte niemand mit seinen Gefühlen allein bleiben. Es kann helfen, sich den Kummer im wahrsten Sinne des Wortes von der Seele zu reden. Zahlreiche Stellen bieten an, sich in so einer Situation an sie zu wenden. Die Mitarbeitenden dort können vor allem eines: Sehr gut zuhören! Hier einige Stellen, an die man sich wenden kann:
Weihnachten oder Silvester mit Fremden feiern
Es gibt viele Gründe, warum jemand nicht mit seiner Familie oder seinen Freunden Weihnachten oder Silvester feiern kann. Vielleicht ist man gerade erst in eine neue Stadt gezogen oder hat sich von seinem Partner oder seiner Partnerin getrennt. Die Mannheimer Bürgerinitiative KeinerBleibtAllein vermittelt seit 2016 bundesweit Kontakte für Menschen, die Anschluss suchen, besonders rund um die Feiertage.
"Die Menschen, die sich an uns wenden, sind zwischen 30 und 50 Jahre alt", sagt der Gründer Christian Fein aus Mannheim. "Und dann haben wir junge Erwachsene, beispielsweise Studenten, die in einer neue Stadt gezogen sind. Und ein Klassiker sind alleinerziehende Mütter." Sie seien dann häufig auf der Suche nach anderen alleinerziehenden Müttern, mit denen sie zusammen Weihnachten feiern könnten, erzählt Fein.
Wer an Weihnachten oder Silvester allein ist und Anschluss sucht oder jemanden zur eigenen Familienfeier oder Silvesterparty einladen will, kann über Facebook oder Instagram mit KeinerBleibtAllein Kontakt aufnehmen. Die Initiative hat seit 2016 schon 19.000 Kontakte vorgeschlagen. "Wir schauen dann schon, dass die Leute auch zueinander passen. Es macht ja keinen Sinn, eine Jugendliche Heiligabend an ein altes Ehepaar zur vermitteln."
Auch wenn die Werbung oder unsere Traditionen es so vorgeben mögen: Es muss nicht immer Weihnachten in der Familie sein oder Silvester in der angesagten Location. Es gibt viele unterschiedliche Möglichkeiten, die Tage schön zu verbringen. Das bestätigt auch Christian Fein. "Wir sind im Jahr 2024 und nicht mehr so traditionsgetrieben. Alles ist gut, wenn es hilft."