Arbeitskampf in der Mittagspause: Knapp 200 Beschäftigte des Automobilzulieferers ZF sind auf den Parkplatz ihres Betriebes gekommen. Es gibt Suppe und Eis. Sie demonstrieren gegen einen geplanten Stellenabbau bei ZF.
14.000 Arbeitsplätze sollen bei dem Unternehmen deutschlandweit bis 2028 wegfallen. "Wir können nicht wettbewerbsfähig sein, wenn wir weniger arbeiten", sagt Erdal Tahta, Betriebsratsvorsitzender am Standort Koblenz. "Wir können nur wettbewerbsfähig sein, wenn wir genügend Arbeitskräfte an Bord haben und die auch entsprechend einsetzen können."
Autozulieferer ZF und Bilstein in der Krise
Wie es genau am Standort Koblenz weitergeht, ist noch nicht klar. Denn ZF steckt in einer Krise. Der Automobilzulieferer begründet das mit der schwierigen Marktsituation. Die weltweite Auto-Produktion liege noch immer deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau, Autohersteller blieben auf unverkauften Beständen sitzen, so ein ZF-Sprecher gegenüber dem SWR. Außerdem machten chinesische Autobauer Konkurrenz. Der Betriebsrat wirft dem Unternehmen allerdings Missmanagement vor.
ZF ist nur ein Beispiel für die Krise bei den Autozulieferern im Land. Anderen Betrieben geht es ähnlich. Beim Stoßdämpferhersteller Bilstein, der zur ThyssenKrupp AG gehört, will der Mutterkonzern 200 Stellen im Werk in Mandern im Kreis Trier-Saarburg streichen. Am ThyssenKrupp-Standort in Lockweiler im nördlichen Saarland sollen sogar 400 Arbeitsplätze wegfallen.
IG Metall will um Arbeitsplätze kämpfen
Betriebsrat und IG Metall verhandeln aktuell mit der Geschäftsleitung einen neuen Tarifvertrag für die Mitarbeiter bei Bilstein in Mandern. Dort arbeiten noch etwa 780 Beschäftigte. Der aktuelle Tarifvertrag läuft noch bis Ende September 2026 und sieht laut IG Metall hohe Hürden für betriebsbedingte Kündigungen vor.
Nach IG Metall-Angaben plant der ThyssenKrupp-Konzern mit 20 bis 25 Prozent weniger Personal an den deutschen Standorten, unabhängig von der wirtschaftlichen Notwendigkeit oder betriebswirtschaftlicher Logik. Für den 17. und 18. September sind Verhandlungen vereinbart. Ergebnis oder Arbeitskampf? Das ist offen.
Stellenabbau auch in der Südpfalz bei Ronal und Eberspächer
In Landau trifft die Wirtschaftskrise die Räder-Fabrik Ronal. Der Hersteller von Leichtmetallfelgen will Ende März 2025 seinen Standort in der südpfälzischen Stadt schließen. Etwa 550 Beschäftigte werden dann ihren Arbeitsplatz verlieren.
Die Produktion in Landau arbeite seit Jahren mit Verlust, sagt die Unternehmensleitung. Das liege zum einen an den Personalkosten - die seien in Deutschland generell zu hoch. Zum anderen seien die Energiekosten zu stark gestiegen.
Ein Sprecher der IG-Metall Landau wirft dem Unternehmen dagegen vor, das Aus selbst verschuldet zu haben. Ronal habe Lohndumping betrieben und nichts im Griff gehabt.
Anders sieht es bei der Eberspächer-Gruppe mit Standorten in Herxheim und Landau aus. Dort sind in diesem Jahr mehr als 200 Arbeitsplätze weggefallen. Laut IG Metall hat Eberspächer, der u.a. Fahrzeugelektronik produziert, "alles richtig gemacht". Das Unternehmen habe in die E-Mobilität investiert und sei dann ein Opfer der Politik geworden. Die Bundesregierung hatte im Dezember beschlossen, E-Autos nicht mehr staatlich zu fördern. Der Verkauf ging danach massiv zurück.
IHK-Chefvolkswirt: Hohe Löhne, marode Infrastruktur
Die Branche der Automobilzulieferer in Rheinland-Pfalz ist sehr vielseitig: Reifenhersteller, Stoßdämpferproduzenten, Firmen, die Autotürgriffe herstellen oder andere Teile. Allein in der Region Trier arbeiten nach Angaben der IHK Trier etwa 5.000 Menschen bei Zulieferfirmen. Das sei ein wichtiger Faktor am Arbeitsmarkt, sagt Matthias Schmitt, Chefvolkswirt bei der IHK Trier. Doch die Lage in der Automobilbranche sei nicht einfach.
Hohe Energie- und Produktionskosten, ein hohes Lohnniveau, eine marode Infrastruktur. "Es gibt in Deutschland Standortnachteile", sagt der Branchenexperte der IHK Trier. Während in anderen Ländern die Automobilbranche den Einbruch während der Corona-Pandemie schon überwunden habe, sei das in Deutschland nicht der Fall.
Es brauche Wachstumsimpulse, damit sich wieder Optimismus ausbreite, sagt Schmitt. Gerade bei größeren Anschaffungen wie zum Beispiel Autos, hielten sich die Menschen in Deutschland gerade zurück. Die Unsicherheit am Arbeitsmarkt sei ein Grund dafür. Die Leute sparten ihr Geld erst einmal, bevor sie große Ausgaben machten.
Reifenhersteller Michelin schließt Werk in Trier
Auch der Reifenhersteller Michelin mit Werken in Bad Kreuznach und Trier steckt mitten in einem Umbauprozess. Das Werk in Trier mit 88 Beschäftigten wird bis Ende des Jahres komplett geschlossen - ebenso der Standort Karlsruhe. Auch im saarländischen Homburg werden Stellen abgebaut. Mehr als 1.500 Beschäftigte sind nach Angaben von Michelin insgesamt betroffen.
Als Gründe für die Werksschließungen führt der Reifenhersteller unter anderem die Inflation und die steigenden Produktionskosten in Deutschland an. Zudem habe sich der europäische Reifenmarkt in den vergangenen Jahren deutlich in Richtung günstigerer Reifen aus dem Ausland verschoben.
Michelin-Standort Bad Kreuznach nicht in Gefahr
Im Werk in Bad Kreuznach droht laut Michelin hingegen kein Stellenabbau. Rund 1.400 Beschäftigte arbeiten derzeit dort. Eine Sprecherin teilte mit, dass das Unternehmen in den vergangenen Jahren zweistellige Millionenbeträge in den Maschinenpark des Reifenwerks Bad Kreuznach investiert habe. Für die kommenden Jahre seien weitere hohe Investitionen geplant.
Ebenfalls nicht vom Stellenabbau betroffen ist laut Unternehmen das Logistiklager von Michelin in Landau. Der Reifenhersteller betreibt dort sein zweitgrößtes Zentrallager für Europa mit insgesamt 300 Beschäftigten.
Auftragslage bei Opel in Kaiserslautern gut
Während bei vielen Autozulieferern Stellen abgebaut werden müssen, ist davon beim Autobauer Opel am Standort in Kaiserslautern keine Rede. Zuletzt hatte das Opel-Werk mitgeteilt, dass die Auftragslage gut sei.
Grund ist nach Angaben eines Sprechers, dass das Werk in Kaiserslautern ein wichtiger Produktionsstandort für verschiedene Automarken des Großkonzerns Stellantis ist, zu dem auch Opel gehört. In der Westpfalz würden Fahrzeugteile für mehr als 30 Fahrzeugmodelle von sechs unterschiedlichen Automarken hergestellt. Unter anderem für Opel, Peugeot, Citroën oder Fiat.