Harald Schneider ist unzufrieden mit seinem Weizen. Denn seit der Landwirt seine Felder nicht mehr so stark düngen darf, wachse das Getreide schlechter. "Den Weizen kann ich nur noch als Tierfutter verkaufen", sagt Schneider. Und da sei der Bauer aus Heidweiler (Kreis Bernkastel-Wittlich) nicht der Einzige: "Brotweizen können wir hier im Wittlicher Land gar nicht mehr produzieren." Denn in diesem Teil der Eifel sind die Regeln fürs Düngen besonders streng.
Der Grund ist, dass in einem Brunnen bei Sehlem, rund zehn Kilometer von Heidweiler entfernt, seit Jahren zu viel Nitrat nachgewiesen wird. Ein Schadstoff, der auch über Gülle und Dünger ins Grundwasser gelangt. Wenn die Bauern weniger davon ausbringen - so die Hoffnung im Mainzer Landwirtschaftsministerium - geht die Belastung zurück.
Landwirt: "Ich verliere im Jahr etliche Tausend Euro"
Für Bauer Schneider bedeutet das aber: "Pro Hektar verliere ich 200 Euro. Über das Jahr sind das etliche tausend Euro und für die Landwirte in der Region sind es Millionen." Denn Tierfutter könnten sie längst nicht so teuer verkaufen wie Qualitätsweizen.
Maßgeblich für den Handel und die Qualität ist der Eiweißgehalt des Weizens. Und je geringer der ausfällt, desto niedriger der Preis. Denn nur mit genügend Proteinen wird zum Beispiel Brot-Teig flexibel. Eiweiß bildet sich aber nur, wenn die Pflanze an ausreichend Stickstoff kommt. "Wenn wir Bauern hier nicht mit genug Dünger nachhelfen, wird das nichts", sagt Harald Schneider.
Versuche, wie Getreide auf Dünger reagiert
Dass der Getreideanbau im Wittlicher Land unter den Bedingungen der Düngeverordnung zur Herausforderung wird, sagen aber auch Fachleute vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Eifel. Die Experten haben auf einem Hügel bei Salmtal ein Versuchsfeld angelegt. Dort haben sie über drei Jahre untersucht, wie sich Dünger auf eine Fruchtfolge von Gras, Mais und Weizen auswirkt.
Sie haben dazu einzelne Parzellen gar nicht gedüngt, andere gemäß der Verordnung gedüngt und andere Parzellen überdüngt. Später haben sie die Ernte im Labor untersucht. Das Fazit von Sebastian Thielen, der das Versuchswesen beim Bitburger DLR leitet: Wenn Bauern wenig Dünger, und somit Stickstoff ausbringen, sinkt die Qualität. "Da müssen wir uns die Frage stellen, ob wir für den Teller oder für den Trog produzieren wollen."
Düngen zur richtigen Zeit
Ganz so dramatisch sieht Professor Thorsten Müller vom Agrar-Campus im Stuttgarter Schloss Hohenheim die Lage zwar nicht. Aber auch er sagt: "Es kann Jahre geben, da klappt das mit der Qualität beim Weizen nicht. Da wird es kritisch, wenn man weniger düngen darf."
Der Wissenschaftler stellt aber klar, dass es nicht unmöglich ist, mit weniger Dünger Brotweizen anzubauen. Die Bauern müssten dann eben besonders darauf achten, dass sie ihr Getreide zur optimalen Zeit düngen. Dass sie gutes Saatgut verwenden und Pflanzenschutz gezielt einsetzen. Dann sei das Risiko für einen Rückgang der Qualität geringer: "Aber es bleibt eine Herausforderung."
Und vor dieser Herausforderung stehen nicht nur die Landwirte im Wittlicher Land. In Rheinland-Pfalz gibt es noch einige Gegenden mit Einschränkungen bei der Düngung. Ähnlich sieht die Lage etwa für die Bauern rund um Kröv an der Mosel, Birgel in der Vulkaneifel oder auch Fließem im Bitburger Land aus.
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Weniger Dünger, weniger Humus?
Doch nicht nur für die Landwirte könnte die Reduzierung von Dünger ein Risiko bergen, sondern auch für das Klima. Denn seit er weniger düngt, bemerkt Landwirt Harald Schneider auf seinen Feldern auch eine weitere Veränderung: es wächst einfach weniger.
"Je weniger ich also dünge, desto weniger Biomasse habe ich im Herbst, die dann im Winter abfaulen kann", sagt der Bauer. Es bilde sich also auch weniger Humus, organische Substanz im Boden. Und das schade dem Klima. Denn Humus bindet CO².
Wasserschutz vs. Klimaschutz
Das macht auch Christian Oberhausen vom DLR Eifel Sorgen. Er schreibt über das Versuchsfeld in Salmtal gerade seine Bachelor-Arbeit. Und er hat beobachtet, dass die geringste Humusdichte auf den Parzellen auftraten, die nicht gedüngt wurden.
"Es gibt hier also einen Konflikt zwischen Klimaschutz und Wasserschutz", meint Oberhausen. Denn wenn weniger Gülle ausgefahren wird, landet zwar weniger im Grundwasser, dafür geht aber auch der Humus zurück und CO² wird frei.
Weizen-Versuche im Salmtal "interessant"
Gehört die Düngeverordnung also überarbeitet? Im rheinland-pfälzischen Landwirtschaftsministerium findet man die Ergebnisse des Salmtaler Versuchs zumindest "interessant", schreibt ein Pressesprecher. Auch wenn es mehrjähriger Studien bedürfe, um die Ergebnisse zu belegen, wie auch Wissenschaftler sagen.
Was passiert bei Überdüngung?
Stickstoff kommt im See hauptsächlich als gelöster, reiner Stoff vor. Leider können die meisten Lebewesen ihn in dieser Form nicht aufnehmen. Es gibt aber Bakterien, die in einem chemischen Prozess den reinen Stickstoff aufnehmen und eingebaut in andere Stoffe wie Ammonium, Nitrat oder Nitrit wieder abgeben. Diese Verbindungen gelangen durch Regen, Bäche oder das Grundwasser in den See, wo sie Pflanzen und Algen als Dünger dienen.
Staatssekretär Andy Becht (FDP) hat aber angekündigt, "die Ziele des Gewässer- und Bodenschutzes und die Belange der Landwirtschaft in Einklang zu bringen". Und dafür auch "das Düngerecht praxisgerecht fortzuentwickeln." Was genau das heißt? Landwirt Harald Schneider hofft jedenfalls darauf, dass sich in Mainz etwas tut - bevor im Wittlicher Land gar kein Getreide mehr angebaut wird.