Ophelia Wawer ist Psychologin und engagiert sich seit zwei Jahren in Trier für die Initiative "Psychologists for Future". In dem Verein haben sich Psychologen, Psychotherapeuten und Studierende der Psychologie zusammengeschlossen, um die "Fridays-for-Future-Bewegung" zu unterstützen und Menschen mit Klimaängsten zu helfen.
SWR Aktuell: Frau Wawer, mit welchen Ängsten kommen die Menschen denn zu Ihnen?
Ophelia Wawer: Das ist sehr unterschiedlich, auch abhängig davon, welchen Wissensstand Menschen in Bezug auf wissenschaftliche Fakten haben. Das können zum Beispiel Ängste vor Extremwetterereignissen, aber auch Ängste vor zunehmender Fremdenfeindlichkeit und Rechtsdruck sein. Das können aber ganz allgemein auch Ängste vor der Zukunft sein. Was kommt auf mich zu? Wie wird es meinen Kindern gehen? Und kann ich überhaupt noch Kinder bekommen in den Zeiten, in denen wir leben?
SWR Aktuell: Ist das eine Angst, die sich nur im Kopf abspielt oder die die Betroffenen auch körperlich spüren?
Ophelia Wawer: Grundsätzlich können wir Angst natürlich körperlich spüren, ob das jetzt Herzrasen, Schwitzen oder eine innere Unruhe ist. Wir erleben in Bezug auf die Klimakrise, dass sich das gar nicht unbedingt so stark körperlich auswirkt. Aber Menschen sind möglicherweise trotzdem eingeschränkt in ihrem Handeln. Wenn Angst so stark wird, dass die sich lähmend auswirkt. Das ist natürlich total kontraproduktiv im Sinne der Klimakrise, weil wir sollten handeln können. Und genau das ist auch das, wo wir ansetzen, als "Psychologists for Future" , Menschen in den Fällen dann eben auch zu unterstützen.
Sorge um die Kinder
SWR Aktuell: Was sind das für Menschen, die zu Ihnen kommen?
Ophelia Wawer: Das geht querbeet durch die Gesellschaft. Tatsächlich also junge Menschen, dann eben mit entsprechend anderen Sorgen. Bei älteren Menschen ist es ja die Sorge um die Kinder, aber auch durchaus andere Gefühle, wie zum Beispiel Schuldgefühle. Was habe ich vielleicht in der Vergangenheit gemacht, was ich heute mit dem Wissen anders machen würde. Insofern ist das sehr unterschiedlich mit den Menschen, die da zu uns kommen.
Klimapsychologin Lea Dohm Wie können wir mit Klimaangst umgehen?
Nachrichten über Hitzewellen, Dürren oder Waldbrände lösen ein beunruhigendes Gefühl bei vielen von uns aus. Wie können wir die sogenannten "Klimaangst" besser bewältigen?
Beratung und Austausch
SWR Aktuell: Welche Hilfe bieten Sie den Menschen an, die zu Ihnen kommen?
Ophelia Wawer: Wir bieten offene Gesprächskreise an, beispielsweise hier regional im persönlichen Kontakt. Das ist erst mal gar nicht unbedingt therapeutisch, sondern vor allen Dingen mehr im Sinne von Beratung, von Austausch, dass wir einen Raum bieten, dass Menschen über das reden können, was sie bewegt in Bezug auf die Klimakrise, Ängste oder andere Gefühle. Das ist etwas, was im Alltag oft untergeht, wie es mir damit geht. Und das ist ganz wichtig in der Bewältigung dieser Ängste oder Gefühle.
Angst, die normal ist
SWR Aktuell: Was sagen Sie Menschen, die zu Ihnen kommen und berichten, dass Ihre Klimaangst nicht ernst genommen wird?
Ophelia Wawer: Das ist eine schwierige Situation. Ganz wichtig, dass wir uns erst einmal selber klarmachen, diese Angst, die ich da erlebe, die ist normal, die ist gesund. Das ist eine berechtigte Reaktion auf die Bedrohung, die die Klimakrise mit sich bringt, also sich das erst einmal selber klarzumachen, diese Gefühle zu erlauben. Ich darf mir auch durchaus erlauben, darauf gar nicht zu reagieren, je nachdem, wie ich mich damit fühle. Aber ich kann vielleicht ja auch den Ball zurückspielen, eine Gegenfrage stellen. Und zwar nach dem Motto, wie kommt es eigentlich, dass du so gar keine Angst zu haben scheinst?
SWR Aktuell: Spielt bei dem Thema Klimaangst auch ein Ohnmachtsgefühl eine Rolle, also das Gefühl, es ändert sich ja doch nichts?
Ophelia Wawer: Definitiv auch eine sehr häufige Reaktion von Menschen. Durchaus auch total nachvollziehbar, weil wir ja auch gebunden sind an das System, in dem wir leben. An die Gegebenheiten, die wir haben. Ist die Bahnstrecke gesperrt - dann kann ich nicht Bahnfahren und muss gegebenenfalls auf das Auto zurückgreifen. Das kann dann wiederum sehr lähmen und Ohnmachtsgefühle auslösen. Da kann es helfen, sich auch noch einmal darauf zu fokussieren, statt eben auf diesen sogenannten Fußabdruck mehr auf den Handabdruck zu schauen, wirklich noch mal zu gucken, wo kann ich an anderer Stelle vielleicht auch anders handeln?