Es riecht nach frischer Farbe im Wohnzimmer von Joachim Lorig, die Möbel sind nagelneu. Fast fällt es schwer zu glauben, dass hier vor sechs Monaten noch das Wasser meterhoch stand und die gesamte Einrichtung mitriss.
Genau ein halbes Jahr liegt die Flutkatastrophe nun zurück, die auch in Kordel (Kreis Trier-Saarburg) einen Schaden von rund 50 Millionen Euro anrichtete. 225 Häuser wurden überflutet.
Drei Monate im Wohnwagen gelebt
Zumindest bei Joachim Lorig sieht es wieder gemütlich aus. Böden und Decken in seinem Zuhause sind gemacht, die Heizung läuft. "Es sind eigentlich nur noch Feinheiten zu erneuern", fasst Lorig zusammen.
Bis dahin sei es aber ein anstrengender Weg gewesen, sagt der Eifeler. Denn nach dem Hochwasser habe er erstmal "vor dem Nichts gestanden". Gut drei Monate lang schlief er vor seiner Haustür in einem geliehenen Wohnwagen. Während drinnen die Trockner auf Hochtouren liefen.
Bei den Nachbarn auf der anderen Straßenseite pusten die Geräte noch. Das Paar lebt derzeit in einem Ferienpark, weil die zwei noch immer nicht in ihr Zuhause können.
Etwa 30 Kordeler können nicht zuhause leben
Laut Ortsbürgermeister Medard Roth geht es noch etwa 30 Kordelern so: "Da ist noch kein Verputz in den Häusern, keine Heizung, gar nichts."
Und der Ortschef macht auch keinen Hehl daraus, dass ihn das ärgert: "Mein größter Wunsch wäre, dass wir wieder ein funktionierendes Dorf haben." Doch das werde durch das Gebaren der Versicherungen erschwert.
Monate warten auf ein Gutachten
"Das Geld für kleinere Schäden zu bekommen, hat oft zügig geklappt", sagt Ortsbürgermeister Roth. Tatsächlich ist im ganzen Ort zu sehen, dass es voran geht: In Containern türmt sich das Baumaterial auf, viele Kordeler haben neue Gastanks im Garten.
"Bei Summen über 100.000 Euro hakt es aber überall. Da tun sich die Versicherungen unglaublich schwer. Und das finde ich nicht in Ordnung."
Oft dauere es Monate bis Gutachter kämen. Und nochmal weitere Monate, bis die dann ihre Gutachten vorlegten. Solange herrsche dann Sanierungsstau - wie etwa bei der Metzgerei im Dorf oder auch beim Feuerwehrgerätehaus.
Feuerwehr: An normalen Dienst ist nicht zu denken
Dort sieht es auch ein halbes Jahr nach der Flut noch aus wie in einem Rohbau. Der Ortsbürgermeister schätzt den alleine hier und im angrenzenden Bürgerhaus entstandenen Schaden auf rund 450.000 Euro.
Für die örtliche Feuerwehr besonders bitter: Das gesamte Inventar - von den Uniformen bis zur Atemschutzausrüsten - fiel den Fluten zum Opfer. Und längst nicht alles habe ersetzt werden können, wie Wehrführer Stephan Roth sagt. An einen normalen Betrieb sei noch immer nicht zu denken.
Kita-Neubau scheitert an Bürokratie
Auch bei der Kindertagesstätte ist die Gemeinde noch nicht viel weiter gekommen. Das Gebäude wurde bei der Flut so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass wohl ein Abriss und Neubau her müssen. "Auf ein Gutachten, das uns das bescheinigen würde, warten wir aber noch immer", sagt Michael Holstein, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Trierer Land.
Dass der Wiederaufbau hier stockt, hat aber nicht allein mit dem fehlenden Gutachten zu tun. Sondern auch mit einer bürokratischen Hürde, wie Holstein sagt: "Die Bund-Länder-Hilfe wird stets nur an den Eigentümer des Grundstücks ausgezahlt." Und das ist in diesem Fall die Kirchengemeinde Kordel. Die Kommune kann also selbst erstmal nicht tätig werden.
Daran, dieses Problem zu lösen, arbeitet Holstein nach eigener Aussage derzeit mit acht verschiedenen Ansprechpartnern: "Und das ist nur ein Beispiel vor welchen Herausforderungen wir als Verbandsgemeinde bei der Bewältigung des Wiederaufbaus stehen."
Apotheker will im Frühjahr wieder öffnen
Doch Privatleute haben ebenfalls zu kämpfen, wie etwa der Apotheker Wolfram Bär. Seit Monaten ist sein Betrieb geschlossen. Auch hier haben die Fluten gewütet.
Doch allmählich sieht Bär etwas Licht am Ende des Tunnels. Die Arbeiten in der Apotheke laufen. Es fehlen nur noch Elektriker, Maler und eine neue Einrichtung - dann kann es wieder losgehen.
"Ob das jetzt Februar oder März wird, kann ich nicht sagen", sagt der Apotheker: "Aber im Frühjahr wird es jedenfalls klappen mit der Wiedereröffnung."
Angst, dass es wieder passiert
Länger dürfte es in der Pizzeria Aroma gegenüber dauern. Das wird schon klar, wenn man in das total zerstörte Restaurant hineinschaut: Der Putz ist ab, die Kabel hängen von der Decke und die Feuchtigkeit in den Wänden kann man noch riechen.
Eigentümer Michael Maier rechnet daher schon noch mit einigen Monaten Bauzeit. Er sieht die Zerstörung aber auch als Chance: "Wir fangen ja jetzt quasi wieder bei Null an. Dann kann man auch einiges renovieren und anders machen, als vorher."
Joachim Lorig schaut ebenfalls positiv in die Zukunft. Auch wenn ein düsterer Gedanke doch bleibt: "Man hat natürlich immer im Hinterkopf, dass das wieder passieren kann."