Dem Ärztemangel entgegenwirken

Wie Case Manager Hausärzte auf dem Land entlasten

Stand
Autor/in
Petra Jehle
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Auf dem Land fehlen immer mehr Hausärzte. Die Übriggebliebenen müssen das ausgleichen. In Jestetten entlastet jetzt eine Case Managerin einen Hausarzt. Was das genau bedeutet?

Es ist ein Teufelskreis, der sich von Jahr zu Jahr immer weiter zuspitzt: Immer weniger Hausärzte müssen immer mehr Patientinnen und Patienten versorgen. Vor allem auf dem Land ist das inzwischen ein riesiges Problem. Die wenigen Ärztinnen und Ärzte, die noch da sind, machen Überstunden und hetzen von Patient zu Patientin, bis sie nicht mehr können. Auch Thomas Asael aus Jestetten (Kreis Waldshut) geht es schon lange so.

Ärztemangel: Case Manage sollen Landärtze entlasten
Hausarzt Thomas Asael im Gespräch mit Tabea Minet, der neuen sogenannten Case Managerin. Sein Schreibtisch ist voll mit Schriftverkehr, den er nach der Sprechstunde noch erledigen muss.

Zu viel Arbeit für zu wenige Hausärzte

Thomas Asael ist niedergelassener Allgemeinmediziner in Jestetten und arbeitet am neuen MVZ, dem Medizinschen Versorgungszentrum. Das muss in der Region rund 10.000 Menschen versorgen. Vor 30 Jahren habe er sich diese Arbeit noch mit sechs Kollegen geteilt, sagt Asael. Inzwischen seien sie nur noch zu zweit. Entsprechend groß sei die Belastung, sagt er.

An den meisten Tagen im Jahr fahren wir am Rand. Wir sind abends völlig erschöpft und das nach zwölf Stunden.

Pilotprojekt Case Manager soll Ärzte entlasten

Als eine von elf Einrichtungen im Land hat das MVZ Jestetten deshalb an einem Pilotprojekt des baden-württembergischen Sozialministeriums teilgenommen. Seit April 2023 haben Jestetten und die drei Umlandgemeinden eine sogenannte Case Managerin. Finanziert wird die Stelle vom Land. Tabea Minet ist die Case Managerin. Sie soll Patientinnen und Patienten in nicht-medizinischen Fragen beraten, begleiten und unterstützen. Tabea Minet selbst bezeichnet sich als eine Art Gesundheitslotsin.

Patienten wird bei Bürokratie geholfen

Tabea Minet kennt sich im Dschungel der Bürokratie aus. Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörigen kommen oft zu ihr, wenn sie alleine überfordert sind. Dann spricht sie mit deren Krankenkassen, sucht geeignete Therapieplätze, fragt bei der Nachbarschaftshilfe an, verhandelt mit Rentenkassen oder vermittelt weiter an Pflegedienste.

Wie sie einen Hausarzt unterstützen kann? Indem sie genau diese Bürokratie abnimmt. Kommen Patientinnen und Patienten mit chronischen Krankheiten oder mehreren Problemen zu Thomas Asael, reicht er die organisatorischen Fragen an Tabea Minet weiter. Sofern die Betroffenen damit einverstanden sind. Das entlastet ihn in den Sprechstunden, denn der Schriftverkehr und die Beratung in diesen Fällen brauchen viel Zeit.

Was ich machen kann und versuche, ist durch das Gesundheitssystem zu lotsen. 

 

Ärztemangel: Case Manage sollen Landärtze entlasten
Nur wenn Patientinnen und Patienten die ärztliche Schweigepflicht aufheben und einverstanden sind, wird die Case Managerin aktiv.

Offene Sprechstunde im Rathaus

Tabea Minet bietet auch Sprechstunden für alle in den Rathäusern an. Noch sei vielen nicht klar, was eine Case Managerin macht, sagt sie. Vor allem in Gesprächen mit Krankenkassen oder Rentenversicherungen müsse sie immer wieder deutlich machen, dass sie im Auftrag der Patienten spricht.

Die Zukunft des Case Manager-Projektes

Ende August läuft das Pilotprojekt Case Manager aus. Doch weil es gut läuft, geht es in Jestetten weiter. Das Sozialministerium wird die Stelle der Case Managerin aber nicht weiter finanzieren. Deshalb übernehmen die vier Gemeinden in dem Versorgungsgebiet die Kosten der Stelle.

Für Hausarzt Thomas Asael eine gute Lösung. Für ihn wird die Versorgung der Gesellschaft ohnehin immer mehr zum Problem aller. Er nennt das eine "Teamarbeit", die der Arzt längst nicht mehr alleine leisten könne. Von den Physiotherapeuten, über die Nachbarschaftsvereine und nun auch die Case Managerin: Asael spricht vom Anfang einer Reise, die noch lange nicht zu Ende sei.

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