Ein Gesetzesentwurf aus Brüssel beunruhigt derzeit die Landwirte und Winzer in Rheinland-Pfalz. Die Verordnung der EU-Kommission sieht nämlich vor, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf Weinbergen und Feldern stark einzuschränken. In Schutzgebieten wie dem Moseltal will es die Kommission ganz verbieten, Pestizide zu versprühen.
Ohne Pflanzenschutz allerdings sei dort kein Weinbau möglich, heißt es vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau. Auch Katarina Barley (SPD) lehnt die Pläne der Kommission ab. Die Sozialdemokratin ist eine der Vizepräsidentinnen des Europäischen Parlaments und will dort auch gegen das Gesetz vorgehen.
SWR Aktuell: Frau Barley, Sie leben in Schweich an der Mosel. Da werden Sie sicher häufiger von Winzern auf die geplante Sustainable Use Regulation angesprochen.
Katarina Barley: Dafür sind wir, die Abgeordneten aus der Region ja da, dass wir dann auch die Interessen der Menschen vor Ort vertreten - zum Beispiel auch die Belange des Weinbaus. Ich wohne ja mitten in der Weinbauregion. Für uns ist der Wein ein Kulturgut. Er bestimmt unsere Identität als Moselaner. Zudem ist er ein riesiger Faktor für den Tourismus und die Wirtschaft. Ohne Wein kann man sich die Mosel und Rheinland-Pfalz eigentlich nicht vorstellen.
SWR Aktuell: Die EU-Verordnung würde es Winzern ab 2030 verbieten, ihre Weinberge an der Mosel mit Pestiziden zu behandeln. Viele Winzer sagen, dass dort dann gar kein Weinbau mehr möglich sei. Sehen Sie das genauso?
Barley: Wenn die Vorlage so käme, wie sie von der Kommission herausgegeben wurde, dann würde das nicht nur an der Mosel, sondern in ganz Deutschland Landwirtschaft sehr, sehr schwierig machen. Ich will nicht sagen unmöglich, aber sehr, sehr schwierig. Deswegen ist völlig klar, dass sich an der Verordnung etwas ändern muss.
SWR Aktuell: Was schlagen Sie vor?
Barley: Der Entwurf der Kommission geht deutlich zu weit, vor allem bei der Ausweisung der sensiblen Gebiete, in denen scharfe Vorschriften gelten sollen. Nach Ansicht der Kommission wäre fast ganz Deutschland ein sensibles Gebiet. Das geht natürlich überhaupt nicht. Man kann eine Kulturlandschaft wie das Moseltal nicht mit einem Naturschutzgebiet gleichsetzen. Zudem werden im Weinbau nur punktuell und zu bestimmten Jahreszeiten Pestizide eingesetzt. Da hat sich in Deutschland einiges getan.
SWR Aktuell: Wissenschaftler sagen aber: Es wurde noch nicht genug getan. Die Pestizide schaden Insekten und Pflanzen, die Biodiversität nimmt merklich ab. Muss da nicht etwas passieren?
Barley: Das Ziel der Verordnung ist ja schon richtig, dass wir weniger Giftstoffe in der Umwelt brauchen. Aber man muss eben genau hinschauen, welche Maßnahmen an welcher Stelle Sinn machen. Trotzdem muss man zusehen, dass die Belastung so gering ausfällt wie möglich. Am Ende haben ja auch die Landwirte ein Interesse daran, weil auch sie die Bestäuber brauchen. Ganz ohne Veränderungen wird es also nicht gehen.
Verbot von Pflanzenschutzmitteln geplant Warum selbst Biowinzer eine neue EU-Umweltverordnung fürchten
Die EU-Kommission will den Einsatz von Spritzmitteln in Weinbergen verbieten. Ohne Pflanzenschutz könnte aber an der Mosel kein Wein mehr angebaut werden, sagen selbst Biowinzer.
SWR Aktuell: Wie kommt denn die Kommission überhaupt zu diesen Vorgaben?
Barley: Ich kann mir das nur so erklären, dass die Kommission sich angeschaut hat, wo es Schutzgebiete gibt. Aber nachher nicht mal wirklich auf einer Karte geschaut hat, wie diese Gebiete denn eigentlich in der Praxis aussehen. Im Parlament ist das sofort aufgefallen. Alle Abgeordneten schauen aus ihrer Perspektive aus ihrem Wahlkreis auf solche Entwürfe. Und deswegen hat sich im Parlament auch sehr schnell Widerstand gegen die Verordnung formiert.
SWR Aktuell: Die EU-Kommission hat diesen umstrittenen Vorschlag schon vor einiger Zeit vorgelegt. Wie geht es jetzt weiter mit dem Gesetz?
Barley: In Europa läuft die Gesetzgebung immer so, dass die Kommission erst mal einen Gesetzesentwurf vorlegt. Dieser Gesetzesentwurf wird jetzt einmal vom Parlament diskutiert und einmal vom Rat. Das Parlament diskutiert gerade sehr engagiert und will bald zu einer Entscheidung kommen.
Der Rat der Mitgliedstaaten hat hingegen beschlossen, dass noch eine Folgenabschätzung eingeholt wird, was dazu führen wird, dass sich der ganze Gesetzgebungsprozess noch einmal erheblich verlängert. Manche sagen, dass diese Experten nur beauftragt wurden, damit sich das Ganze noch mal verzögert. Das wird noch eine ganze Weile in Anspruch nehmen. Ob der Rat also dieses Jahr noch zu einer Entscheidung kommt, ist eher fraglich.
SWR Aktuell: Und wollen Sie schon eine Prognose wagen, was am Ende herauskommt?
Barley: So, wie die Pläne der Kommission waren, wird es mit Sicherheit nicht Realität werden. Ich gehe fest davon aus, dass sich noch deutliche Veränderungen ergeben werden.