Auch Kontakte zu Rechtsextremismus

Priester wegen Missbrauchs einer Achtjährigen verurteilt

Stand

Von Autor/in Kai Laufen und Raphael Rauch

Das Amtsgericht Montabaur hat einen Priester wegen Kindesmissbrauchs verurteilt. Die Tat ereignete sich 2019 im Fürstentum Liechtenstein. Der Mann hat nach SWR-Informationen Kontakte zu Rechtsextremisten.

Der heute 50-jährige Priester Thomas Jäger arbeitete in Liechtenstein als Pfarrer. In seiner Gemeinde habe der Deutsche beim Besuch einer Achtjährigen in seinem Pfarrhaus das Mädchen an der Brust angefasst und massiert. Dafür erhielt er jetzt eine Haftstrafe von acht Monaten. Die Strafe wurde für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

Das Gericht hatte das damalige Opfer als Zeugin gehört. Nach dem Urteil kündigte der Verteidiger an, in Berufung zu gehen.

Jäger hatte nach der Tat seine Anstellung verloren und war nach Deutschland zurückgekehrt. Ein Versuch der Liechtensteiner Justiz, den Fall aufzuklären, scheiterte. Jäger war damals nicht zum Verhandlungstermin erschienen.

Nun brachte die Staatsanwaltschaft Koblenz den Fall zur Anklage. Da der Mann inzwischen im Westerwald lebt, war das Amtsgericht Montabaur zuständig.

Bistum Limburg: Ausbildung, aber keine Priesterweihe

Thomas Jäger wird von 2000 bis 2006 im Bistum Limburg zum Priester ausgebildet. Doch zum Priester wird er dort nicht geweiht. "Aus unserer Sicht waren die Voraussetzungen bei Thomas Jäger für die Weihe noch nicht erfüllt - wir hatten Fragezeichen", sagt ein Sprecher des Bistums Limburg gegenüber kath.ch, dem Online-Medium der katholischen Kirche in der Schweiz. Die genauen Gründe für die Entscheidung erläutert er nicht. Das Bistum habe dem Mann damals ein längeres Praktikum angeboten, um seine Eignung zu prüfen.

Priesterweihe in Liechtenstein

Doch Jäger entscheidet sich dagegen und zieht in das kleine Fürstentum Liechtenstein, wo er vom Erzbischof von Vaduz zum Priester geweiht wird. In der Gemeinde Ruggell arbeitet er als Pfarrer und Religionslehrer, bis es 2019 zu dem Vorfall kommt, dessen genaue Umstände nun vor dem Amtsgericht Montabaur verhandelt wurden: Ein damals achtjähriges Mädchen berichtet seinen Eltern, Jäger habe sie unter dem Vorwand, ihr ein Ministrantenbuch geben zu wollen, ins Pfarrhaus gelockt. Dort habe er gegen den Willen des Mädchens dessen Brust massiert. Die Eltern erstatten Strafanzeige wegen Kindesmissbrauchs.

Erst Hausdurchsuchung, dann Verurteilung, schließlich Freispruch

Bei einer Hausdurchsuchung findet die Polizei bei dem Priester ein Handy mit Hinweisen auf den Besuch pornografischer Seiten. Auf den Seiten sei möglicherweise auch Kinderpornografie angeboten worden, heißt es in einem späteren Gutachten. Dafür wird der Mann 2020 in Liechtenstein zu einer Geldstrafe verurteilt. Aber das Urteil wird in der nächsten Instanz aufgehoben, denn das genannte Gutachten weist Mängel bei der Beweiserhebung nach.

Thomas Jäger nimmt zu diesen Vorwürfen mehrfach öffentlich Stellung und richtet auf seiner Webseite einen eigenen Abschnitt mit Dokumenten ein, in denen er alle Vorwürfe von sich weist. In einem Video mit dem Titel "Fehlurteil im Fall des Pfarrers Thomas Jäger" erläutert er ausführlich ein Gutachten über sein Handy, das ihn entlaste. Im März 2023 spricht ihn die Liechtensteiner Justiz vom Vorwurf des "Vergehens der pornografischen Darstellung Minderjähriger" frei.

Vorwurf: sexuelle Handlung an "unmündiger Person"

Im selben Jahr lässt das "Fürstliche Obergericht" von Liechtenstein eine Anklage gegen Jäger wegen des Vorwurfs zu, er habe knapp vier Jahre zuvor eine "sexuelle Handlung an einer unmündigen Person vorgenommen, indem er die Brust eines damals achtjährigen Mädchens massiert habe". Doch Jäger erscheint nicht zur Verhandlung vor dem "Fürstlichen Land- als Kriminalgericht". Da das Gericht nicht in Abwesenheit des Angeklagten verhandeln kann, "wurde das Strafverfahren abgebrochen", teilt die Staatsanwaltschaft Liechtensteins auf SWR-Anfrage mit. Trotzdem verhängen die Liechtensteiner Behörden ein unbefristetes Berufsausübungsverbot in Bezug auf seine Lehrtätigkeit als Religionslehrer gegen Jäger.

In der Zwischenzeit wird zum selben Tatvorwurf auch in Deutschland ein Strafverfahren eröffnet, das jetzt in Montabaur verhandelt wurde - ein Vorgang, den Jägers Anwalt Anton Schäfer in dem katholisch-traditionalistischen Online-Medium "Gloria TV" als unrechtmäßig moniert, "weil man in derselben Sache nicht zweimal angeklagt werden kann ("ne bis in idem")." 

Kontakte zu Rechtsextremisten

Was in Liechtenstein nicht angeklagt wird: Zufallsfunde auf dem Handy, die auf die politische Einstellung des Mannes schließen lassen: "Mein Kampf" von Adolf Hitler sowie eine "Liste von inländischen Neonazis", wie die einheimische Presse berichtet.

Schon während seiner Studienzeit Anfang der 2000er-Jahre hat Jäger nach SWR-Informationen seine politische Einstellung in dem Internetforum "TraMiZu" (Tradition mit Zukunft) zu erkennen gegeben - etwa in einem Post aus dem Jahr 2007, der dem SWR von der Autonomen Antifa Freiburg übermittelt wird: "Warum sollen nur die Össis (sic), die für den Ständestaat stehen, Klerikalfaschisten sein? Ich möchte auch dazu gehören." Eine Anfrage des SWR an Jäger dazu lässt dieser unbeantwortet.

Jäger 2024 bei Vertretern rechtsextremer Bewegung gesehen

In den vergangenen Jahren wird der Priester mehrfach mit Vertretern der sogenannten Neuen Rechten gesehen. Zuletzt im Sommer 2024, als er am Sitz des vom Verfassungsschutz beobachteten und damals angeblich gerade aufgelösten "Instituts für Staatspolitik" in Schnellroda ein vermeintliches "Sommerfest" besucht. Gastgeber ist der aus Ravensburg stammende Götz Kubitschek, der als "Vordenker" dieser rechtsextremen Bewegung gilt. Unter den Gästen ist der umstrittene AfD-Politiker Maximilian Krah, dem der Priester nach SWR-Informationen schon gut ein Jahr zuvor in Brüssel auf einem Vortrag begegnet war.

Auf dem Sommerfest hält Jäger in kleinem Kreis eine Messe auf Latein – in der Öffentlichkeit wäre ihm dies nicht gestattet. Auf Nachfrage des SWR teilt das Erzbistum Vaduz mit: "Herrn Jäger wurde die öffentliche Zelebration der Messe sowie aller anderen liturgischen Handlungen untersagt."

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Kai Laufen und Raphael Rauch