Der Landtagsabgeordnete Joachim Paul im Parlament

AfD-Mitglied Paul organisiert "Messe des Vorfelds"

Treffen der "Neuen Rechten" in Koblenz

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Philipp Reichert
Philipp Reichert
Frederik Merx
Frederik Merx, Redaktion Landespolitik Rheinland-Pfalz
Christian Giese-Kessler
Portraitfoto von Reporter Christian Giese-Kessler aus dem SWR-Studio Koblenz in Rheinland-Pfalz.

Der Koblenzer AfD-Landtagsabgeordnete Joachim Paul hat am Samstag eine so genannte "Messe des Vorfelds" veranstaltet. Eingeladen waren Medien und Influencer aus dem neu-rechten Spektrum.

Der Ort der Veranstaltung wurde dabei lange geheim gehalten. Mittlerweile hat Paul selbst gegenüber dem SWR bestätigt, dass sie in seinem Wahlkreisbüro im "Quartier Kirschstein" in Koblenz stattfindet.

Die Anmeldung zu der Veranstaltung erfolgte zwar über die Landtagsmailadresse von Joachim Paul, er selbst spricht aber gegenüber dem SWR trotzdem davon, dass er sie privat organisiert habe.

Der Begriff "Vorfeld" kommt parteiübergreifend vor. Er beschreibt in der Politik Personen, aber vor allem Vereine und Institutionen, die einer bestimmten Partei zwar nahestehen, aber eben nicht fester Bestandteil dieser Partei sind. Das können zum Beispiel Stiftungen oder Jugendorganisationen sein, die traditionell einen engeren Kontakt zu einer Partei pflegen.

AfD-Experte: Paul lädt rechtsradikale Medienszene ein

Diesem "Vorfeld" der AfD ordnet der Politikwissenschaftler und AfD-Experte Johannes Hillje "vor allem rechtsradikale Medienaktivisten" zu. Ein Blick auf die angekündigten Gäste der Messe scheint dies zu bestätigen. Das prominenteste Beispiel ist dabei sicherlich das "Compact"-Magazin, das Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Juli verboten hatte. Das Bundesverwaltungsgericht hatte das Verbot am Mittwoch in einer Eilentscheidung vorerst aufgehoben, damit darf das Magazin erst einmal weiter erscheinen.

Beim einem Treffen rechter Medienvertreter und Influencer in Koblenz erschienen einige der Teilnehmenden vermummt. Eingeladen hatte der AfD-Landtagsabgeordnete Joachim Paul.
Beim einem Treffen rechter Medienvertreter und Influencer in Koblenz erschienen einige der Teilnehmenden vermummt. Eingeladen hatte der AfD-Landtagsabgeordnete Joachim Paul.

Neben dem "Compact"-Magazin sollen an der Veranstaltung acht weitere Akteure teilnehmen, vor allem aus dem Medienbereich. Nach Einschätzung von Johannes Hillje befinden sich unter den angekündigten Teilnehmern "einige der reichweitenstärksten Akteure der rechtsradikalen Medienszene, von Youtubern, über Podcastern bis zu Print-Magazinen." Hillje überrascht nicht, dass Paul eine Vernetzung mit besagten Medien anstrebt. Diese seien auch für die Partei von enormer Bedeutung, eine Art "Lebensversicherung", die Stammwähler rekrutiere.

Nach SWR-Informationen haben auch die Sicherheitsbehörden die Veranstaltung im Blick. Aus Verfassungsschutzkreisen heißt es, die "Messe des Vorfelds" unterstreiche die Vernetzungsbestrebungen zwischen parlamentarischem Raum und Vorfeld im neu-rechten Spektrum. Solche Veranstaltungen stellten einerseits wichtige Möglichkeiten für den Austausch und die Vernetzung dar, andererseits böten sie neu-rechten Projekten, Vereinen und Publizisten ein breiteres Forum.

AfD im Land hält sich zu rechtem Netzwerktreffen in Koblenz bedeckt

Innerhalb der rheinland-pfälzischen AfD hält man offiziell Abstand zu der Veranstaltung des Koblenzer Abgeordneten. Auf die SWR-Nachfrage, was man vom Teilnehmerkreis halte, antwortete ein Sprecher, Paul führe die Veranstaltung als frei gewählter Abgeordneter durch. Die "Messe des Vorfelds" sei keine Fraktionsveranstaltung. Ob andere AfD-Abgeordnete anwesend sein würden, beantwortete der Sprecher nicht. Der Landesverband der Partei wollte das Thema auf SWR-Anfrage ebenfalls nicht näher kommentieren.

In der Partei wird spekuliert, ob Paul mit dem Event den Landesvorstand brüskieren will, mit dem sich der Koblenzer derzeit vor einem AfD-Parteigericht streitet. Der Landesvorstand hatte Paul im Dezember von seinen Parteiämtern sperren wollen, weil er auf einem Foto den in der Neonazi-Szene verbreiteten White-Power-Gruß gezeigt habe. Paul bestritt den Vorwurf und ist bis zum Abschluss des Verfahrens vorerst weiter Vorsitzender der AfD Koblenz.

Viel Bewegung in der politischen Karriere von Joachim Paul

Noch 2019 galt Paul in der AfD Rheinland-Pfalz als Nachwuchshoffnung und möglicher künftiger Landeschef. Doch nach einem Bericht von SWR und taz, dass Paul möglicherweise vor Jahren unter Pseudonym Artikel für eine NPD-nahe Zeitschrift geschrieben habe, wandten sich viele Parteifreunde von ihm ab - trotz Dementi von Paul. Im AfD-Landesvorstand ist Paul nicht mehr, ebenso wenig im Bundesvorstand oder Vorstand der Landtagsfraktion.

Aus Parteikreisen ist zu hören, dass Paul sich deshalb für die kommende Legislaturperiode nach alternativen politischen Betätigungsfeldern umschauen muss - ob in anderen Bundesländern oder im Bund. Dass er sich nun bei der "Messe des Vorfelds" mit bundesweit aktiven Influencern aus dem neu-rechten Spektrum umgibt, könnte dazu passen.

Auf SWR-Nachfrage wies Paul diese Spekulationen zurück. Weder die Landtagsfraktion noch der Landesvorstand hätten ein Problem mit der Veranstaltung. Er stehe mit den Kollegen und auch der Basis im regen Austausch. Die Frage nach einer möglichen Bundestagskandidatur, ließ Paul unbeantwortet.

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