Die Pflicht für Gastronomen, Speisen und Getränke im To-Go-Geschäft auch in Mehrwegbehältern anzubieten, ist ein Jahr nach ihrer Einführung noch kein Erfolg. Manche Gastronomiebetriebe ignorierten oder umgingen das Gesetz, heißt es etwa von der Umweltorganisation Greenpeace Deutschland. Auf der anderen Seite berichten Gastronomen von einer sehr geringen Kundennachfrage nach Mehrwegverpackungen.
Mehrwegpflicht betrifft gesamte Gastronomie in RLP
Das Gesetz gilt für Lieferdienste, Restaurants, Cafés, Kantinen und Cateringanbieter, aber auch für Tankstellen und Supermärkte mit Mitnahme-Angeboten. Es verpflichtet die Betriebe, Mehrwegbehälter als Alternative zu Einweggefäßen aus Plastik anzubieten und darauf gut sicht- und lesbar hinzuweisen. Die Mehrwegverpackungen dürfen dabei nicht mehr kosten als Einwegverpackungen. Pfand ist aber möglich.
Für die gastronomischen Betriebe auch in Rheinland-Pfalz bedeutete das zum Jahresbeginn 2023 entweder die Anschaffung eigener Mehrwegbehältnisse oder die Zusammenarbeit mit einem auf solche Gefäße spezialisierten Dienstleister. Ein einheitliches System existiert also bislang nicht.
Kritik: System für Mehrwegverpackungen zu kompliziert
Genau darin sieht der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) eines der Hauptprobleme. "Es gibt zu viele verschiedene Systeme mit zu vielen unterschiedlichen Gefäßen und zu wenigen Anbietern in der Fläche", sagt DEHOGA-Landeschef Gereon Haumann. Letztlich müsse der Gast das System annehmen. "Und das wird er nur dann tun, wenn die Rückgabe von Geschirr genauso einfach ist wie die Rückgabe eines leeren Sprudelkastens."
Der Verband erhalte von seinen Mitgliedsbetrieben sehr unterschiedliche Rückmeldungen. "Es gibt solche, die so begeistert sind, dass sie sogar ausschließlich Mehrweggeschirr anbieten. Und es gibt solche, die sehr verärgert sind, weil sie den Aufwand betrieben haben, die Gäste es aber einfach nicht nachfragen", so Haumann.
Gastronomin: Sehr geringe Nachfrage von Kundenseite
Diese Erfahrung macht auch Gastwirtin Iris Prencipe aus Bad Kreuznach. Für ihr Restaurant hat sie zum Start der neuen Regelung eigene Mehrwegteller und -schüsseln angeschafft. Die Kundinnen und Kunden müssen dafür sechs Euro Pfand bezahlen.
Prencipes Bilanz fällt allerdings ernüchternd aus: Pro Tag verkaufe sie etwa einhundert Essen zum Mitnehmen, allerdings seien erst 15 Mal überhaupt die Mehrwegbehälter ausgegeben worden - in einem ganzen Jahr. "Vieles steht noch genauso da, wie wir es vorletztes Jahr angeschafft haben", berichtet die Gastronomin.
Umweltministerium plant konkretere Mehrwegpflicht
Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte dem SWR, viele Unternehmen seien ihren Pflichten nachgekommen. Man registriere aber "natürlich auch hier schwarze Schafe, die sich nicht an die gesetzlichen Pflichten halten oder versuchen sie zu umgehen". Gemeint sind damit Gastronomen, die statt Einwegverpackungen aus Plastik nun solche aus Pappe oder Aluminium verwenden. Bislang gilt die Pflicht zur Mehrwegalternative lediglich bei Einwegverpackungen aus Kunststoff.
Vollzug und Kontrolle und gegebenenfalls auch die Ahndung von Verstößen seien Sache der Bundesländer, heißt es vom Bundesumweltministerium. Es plant für dieses Jahr eine Änderung des Verpackungsgesetzes. Das soll verhindern, dass gastronomische Betriebe auf andere Einwegmaterialien ausweichen und so die Mehrwegpflicht umgehen.
Test der Verbraucherzentrale Mehrweg-Pflicht bei to go - schmeckt nicht jedem in RLP
Seit Januar müssen Gastronomen Mehrwegverpackungen anbieten, wenn sie Essen oder Getränke to go verkaufen. Doch offenbar schmeckt die Regel noch nicht jedem Wirt - und nicht jedem Kunden.
Steuer auf Einwegverpackungen in Tübingen
Einen Sonderweg hat die Stadt Tübingen gewählt. Dort gilt bereits seit Anfang 2022 eine Steuer auf Einwegverpackungen. Die Betriebe müssen seitdem für Kaffeebecher oder Einweggeschirr 50 Cent an die Stadt abführen. Für Einwegbesteck oder Strohhalme sind es 20 Cent. Hinzu kommt jeweils die Mehrwertsteuer von 19 Prozent. Für das Jahr 2022 bedeutete das zusätzliche Steuereinnahmen von rund 700.000 Euro.