Der grünweiße Van des Zoll blockiert mit Blaulicht beide Spuren auf der Mainzer Rheinstraße. Weitere sieben Dienstwagen können deshalb im Konvoi auf das Gelände der Baustelle hinter dem Rathaus fahren. Es zählt das Überraschungsmoment. Innerhalb von Sekunden springen die 26 Frauen und Männer des Zoll aus ihren Autos und stürmen in das Gebäude.
Alle haben Baustellenhelme auf und tragen schuss- und stichfeste Westen. An jedem Gürtel hängt ein Holster mit Schusswaffe. "Die gehört zur Eigensicherung", sagt Thomas Molitor, Sprecher des Hauptzollamts Koblenz. "Ich kann mich aber nicht erinnern, dass in unserem Zuständigkeitsbereich jemals jemand geschossen hat. Aber manchmal müssen wir auch in ganz dunkle Ecken und wir wissen nicht, was uns dort erwartet."
Zunächst ist es eine Routinekontrolle des Zoll
Auch in Mainz bleibt es heute friedlich. Zu zweit überprüfen die Zollfahnder jeden Arbeiter auf der Baustelle. Halten sie sich legal in Deutschland auf, haben sie eine Arbeitserlaubnis, sind sie sozialversichert? Für die Beamtinnen und Beamten ist es zunächst Routine. Stockwerk für Stockwerk arbeiten sich die Beamten durch. Wer seine Prüfung hinter sich hat, bekommt ein grünes oder blaues Bändchen. Die Baustelle steht still, die Arbeiter stehen herum, rauchen und unterhalten sich.
Bauarbeiter flüchten vor Zollfahndern in Mainz
Dann wird es plötzlich hektisch. Die entspannte Atmosphäre schlägt innerhalb von Sekunden um. Einer der Arbeiter rennt aus dem Gebäude, verfolgt von mehreren Zollfahndern. Sie rufen, er solle stehenbleiben, doch der Mann spurtet zum Bauzaun, zieht sich daran hoch, klettert darüber und ist verschwunden.
Ein Beamter macht es ihm nach und ist ebenfalls weg. Dann wiederholt sich die Situation, ein zweiter Arbeiter rennt ebenfalls aus dem Gebäude, hechtet über eine Barriere und rennt am Rhein entlang Richtung Weisenau. Auch er wird verfolgt.
Wenige Minuten später kommen mehrere Zollfahnder zurück zur Baustelle, in ihrer Mitte haben sie einen der Männer, er trägt Handschellen. Der Mann wird in ein Auto gesetzt, er muss seine Schuhe ausziehen – möglicherweise um eine weitere Flucht zu erschweren. Entdeckt hatten ihn die Fahnder in der Rathaus-Tiefgarage, er hatte sich zwischen Autos versteckt. Nun werden seine Papiere überprüft.
Arbeiter hält sich legal in Deutschland auf
Nach wenigen Minuten ist klar, dass der Mann eine Aufenthaltsgenehmigung hat und auch in Deutschland arbeiten darf, allerdings nicht im Baugewerbe. "Das ist eine Ordnungswidrigkeit, er wird eine Geldbuße zahlen müssen", sagt Thomas Molitor. Auch die Firma, für die er auf der Baustelle gearbeitet hat, muss mit einer Strafe rechnen. Der zweite Geflüchtete wird nicht gefasst, ihn hoffen die Fahnder über seine Personalien zu finden.
Auftraggeber der Arbeiten am Rathaus ist die Stadt Mainz. Verantwortlich für die Firmen, die dort arbeiten, ist sie aber nicht. Die Betriebe müssen selbst darauf achten, dass ihre Beschäftigten legal arbeiten, ordnungsgemäß angemeldet und entsprechend versichert sind. Deshalb begrüßt auch die Stadt Mainz die Kontrollen des Zoll.
Weitere Verstöße oder Unregelmäßigkeiten wurden bisher auf der Baustelle am Rathaus nicht festgestellt. Entsprechende Prüfungen vor allem bei den beteiligten Firmen laufen aber noch.
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