Das zügige Erkennen von Worten und das flüssige Lesen fällt Timm schwer, genau wie anderen Schülerinnen und Schülern, die mit einer Lese-Rechtschreib-Störung (LRS/Legasthenie) kämpfen. Am neuen Gymnasium Mainz-Mombach wird auf Schüler wie Timm besonders eingegangen.
Weil das Lesen eines längeren Textes für Timm besonders schwer ist, hat seine Deutschlehrerin Mareike Rudolf ihm eine Sprachversion des Textes aufgenommen. "Da kann man einfach draufklicken und es sich vorlesen lassen", erzählt Timm bei einem Interview-Termin im sogenannten Lernloft des Gymnasiums. Das Audio spielt er mit dem Tablet-Computer ab, der zur Ausstattung jedes Schülers und jeder Schülerin gehört.
Nach Grundschule demotiviert und verunsichert
So etwas habe es in seiner Grundschule nicht gegeben, so Timm. An die Grundschulzeit haben er und sein Vater Peter Klug ohnehin keine guten Erinnerungen. Die vielen Misserfolge beim Lesen und Schreiben hätten Timm jede Freude am Unterricht und jedes Selbstbewusstsein genommen, erinnert sich der Vater.
Das hat sich nach einem halben Jahr im neuen Gymnasium Mainz-Mombach deutlich geändert. Hier gibt es keinen Frontalunterricht, sondern "Lernen in Zusammenhängen", wie es auf der Homepage des Gymnasiums heißt. "Hier in der Schule wird nicht nach den Rechtschreibfehlern bewertet, sondern nach dem Inhalt, was er hinschreibt. Und somit ist das eine super faire Bewertung", findet Timms Vater.
Timm kommt mit diesem Konzept sehr gut zurecht. "Ich find’s cool, dass man sich selbst organisieren muss und dass kein Lehrer uns immer unterrichtet", sagt er. Auch dass er Arbeiten und Tests - die hier "Gelingensnachweise" heißen - oft dann schreiben kann, wenn er sich dafür bereit fühlt, hat den Spaß am Unterricht zurückgebracht. Timm sei ein "sehr motivierter Schüler", lobt seine Deutschlehrerin Mareike Rudolf, die auch seine Klassenlehrerin ist.
G9-Gymnasium mit "besonderem inklusiven Profil"
Auch die Lehrerinnen und Lehrer wirken am "Gymmo" - die Abkürzung steht für Gymnasium Mombach - sehr motiviert. "Ich wollte unbedingt an diese Schule, weil ich vom Konzept überzeugt bin", erzählt Lehrerin Rudolf. Dazu gehört auch, auf Einschränkungen der Schülerinnen und Schüler individuell einzugehen. In Timms Fall hat sie Kontakt zu einer von Timms Familie engagierten Rechtschreibtherapeutin aufgenommen, um die Lerninhalte von privaten Übungen und Unterricht abzugleichen. Die gezielte Förderung von Kindern mit LRS, Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS/ADHS) oder Autismus-Spektrum-Störung gehört zum inklusiven Konzept des Gymnasiums.
Demnächst wird Timm in sogenannte Übungswerkstätten gehen, denn im zweiten Halbjahr stehen die Rechtschreib-Übungen an. Gibt es auch etwas, was ihm nicht so gut an der Schule gefällt? Seine Antwort: "Eigentlich finde ich es perfekt."