Beim Prozessauftakt Ende Januar hatte die 42-Jährige behauptet, sie habe Nierenkrebs. Darüber hinaus behauptete die neunfache Mutter, sie sei wegen der Erkrankung operiert worden und habe sich einer Chemotherapie unterziehen müssen.
Laut Anklage wäre Baby fast gestorben Mutter soll ihrem Baby Morphium gegeben haben - Prozess in Frankenthal
Eine 42-Jährige aus dem Rhein-Pfalz-Kreis muss sich seit Donnerstag vor dem Landgericht in Frankenthal verantworten, weil sie ihrer neugeborenen Tochter Morphium gegeben haben soll. Laut Anklage wäre das Baby fast gestorben.
Daher sei sie seit Jahren von starken, morphinhaltigen Medikamenten abhängig. Ihr Anfang 2019 geborenes Mädchen litt daher ab der Geburt unter Entzugserscheinungen. Die behandelten Ärzte im Diakonissenkrankenhaus Speyer hatten das Baby deshalb langsam von den Drogen entwöhnt.
Baby erlitt plötzlich Atemstillstände
Vier Wochen nach der Geburt des Mädchens war im Blut des Babys kein Morphium mehr. Das Kind durfte aus der Intensivstation entlassen werden und zur Mutter ins Krankenzimmer. Doch nach einer Nacht bei der Mutter erlitt das Kind mehrere Atemstillstände und Krampfanfälle. Die Ärzte konnten das Baby in letzter Minute retten. Im Blut des Babys fanden die Ärzte erneut eine extrem hohe Konzentration an Morphium.

Das Diakonissenkrankenhaus Speyer erstattete daher Anzeige gegen Unbekannt. Die Vermutung lag nahe, dass jemand dem Baby absichtlich ein Medikament eingeflößt haben muss. Wie am zweiten Prozesstag klar wurde, hatten Polizeibeamte daher das Krankenzimmer der angeklagten Mutter durchsucht und dabei mehrere unterschiedliche Opiate gefunden und sichergestellt.
Die Krux an diesem Prozess: Polizeibeamte, die vor sechs Jahren die Durchsuchungen und die Vernehmungen der heute Angeklagten, des Pflegepersonals und der Ärzte durchführten, können sich heute kaum noch an Details des Falls erinnern.
Angeklagte litt nie an Nierenkrebs
Lediglich eine Kriminalbeamtin, die als Zeugin geladen war, erklärte am zweiten Prozesstag am Donnerstag, dass es sich um einen "herausragenden Fall" gehandelt habe. Daher erinnere sie sich durchaus an die Ermittlungen. Der Anwalt der Angeklagten legte Untersuchungsergebnisse der Urologischen Abteilung des Stadtklinikums Ludwigshafen vor. Ihm zufolge dokumentierten diese andere urologische, schmerzhafte Erkrankungen der Angeklagten. An Nieren- oder an einer anderen Art Krebs hätte die Angeklagte nie gelitten.
Auf die Frage der Richterin, warum sie denn so eine Krankheit erfunden habe, antwortete die 42-Jährige, mit dieser Erklärung habe ihre Umwelt verständnisvoller auf ihre gesundheitlich bedingten Einschränkungen reagiert.
Eine Krankenschwester, die die Mutter und das Baby damals auf die Normalstation aufnahm, beschrieb die Mutter in einem verlesenen Vernehmungsprotokoll als recht distanziert. Diese habe sich auch gegenüber ihrem eigenen Kind distanziert verhalten.
Kaum auf der Station angekommen, sei die Mutter auch erst einmal für längere Zeit weg gewesen. Sie habe sich in der Cafeteria des Krankenhauses aufgehalten und ihr Baby nicht dabei gehabt, sagte die Pflegekraft laut Polizeiprotokoll.
Wasserflasche mit Morphium ausgelaufen?
Als die 42-Jährige von Polizeibeamten gefragt worden sei, wie das Morphin ins das Blut des Kindes gekommen sein könnte, erzählte sie, dass sie ihre eigenen morphiumhaltigen Medikamente in einer Wasserflasche aufgelöst und diese mit ins Bett genommen habe. Sie sei mit dem Kind auf dem Arm eingeschlafen. Im Bett habe sich auch die besagte Wasserflasche befunden.
Beim Aufwachen habe sie festgestellt, dass ihre Kleidung, das Bett und das Baby komplett nass gewesen seien. Die Flasche sei nicht richtig verschlossen gewesen, sagte die 42-Jährige. Das Wasser habe sich über Kind und Patientin ergossen. Auf diese Weise müsse das Wasser mit Morphium in den Blutkreislauf des Kindes gelangt sein, so die Mutter weiter.

Eine andere Erklärung könne auch sein, so die 42-Jährige laut Vernehmungsprotokoll, dass das Baby an ihrem Schmerzpflaster, das sie am Arm trug, genuckelt haben könnte.
Kinder der Mutter wurden aus der Familie herausgenommen
Während des zweiten Prozesstages wurde zudem deutlich, dass das heute sechs Jahre alte Mädchen und ihre ältere Schwester bereits für längere Zeit vom zuständigen Jugendamt Speyer aus der Familie herausgenommen worden sind. Die Kinder durften erst nach mehreren aufwendigen Sorgerechtsverfahren, die zuletzt sogar vor dem Oberlandesgericht Koblenz geführt worden waren, zurück zu ihren Eltern.
Insgesamt hat die Angeklagte neun Kinder, sieben aus einer ersten Beziehung und zwei weitere aus einer zweiten Beziehung. Das betroffene Baby stammt aus der zweiten Beziehung. Der Kindsvater verfolgte heute auch den Prozess.