"Das Ergebnis einer Analyse von angeblichem Bienenhonig aus dem Supermarkt ist erschreckend", sagte Thomas Hock, der Vorsitzende des Imkerverbands Rheinland-Pfalz, dem SWR. Von 30 eingesandten Honiggläsern waren 25 gestreckt - einige wenig, aber etliche auch extrem. Eines der Honiggläser bestand nur aus Zuckersirup. "Dieser angebliche Honig hatte nie eine Biene gesehen." Die deutschen Imker haben laut Hock bei der Europäischen Kommission bei der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (SANTE) Anzeige erstattet und auch den Fall der Europäischen Polizei Europol gemeldet.
Der Imkerverband Rheinland-Pfalz will gesondert Proben ziehen und nach Estland schicken und mit den Ergebnissen in Rheinland-Pfalz rechtliche Schritte einleiten. Denn die Vorwürfe sind nicht neu. Es tut sich nur nichts.
Honig von Spezial-Labor untersucht
Die Untersuchung wurde laut Hock vom Berufs- und Erwerbsimkerbund Deutschland bei einem Labor in Estland in Auftrag gegeben. Neutrale Gläser wurden eingereicht, also ohne Etiketten. Die einzigen, die nicht beanstandet wurden, waren demnach Gläser von Imkern und ein einziges Supermarkt-Produkt. Zwei Proben seien grenzwertig gewesen, alle anderen bestanden mehr oder weniger aus Zuckersirup.
Der Grund, warum sich die Imker an ein Labor in Estland gewandt hatten: Deutsche Labore wenden zurzeit eine Analysemethode, die den vielen neuen Fälschungsmethoden - beispielsweise mit Reissirup oder künstlich hergestellten Enzymen - nicht feststellen kann. In Estland wird eine DNA-Analyse des Honigs vorgenommen. "Wir wollen erreichen, dass das auch in Deutschland Standard wird," sagt Bernhard Heuvel, Vorstand des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbunds. Die DNA-Methode kann zweifelsfrei feststellen, ob der Honig von Bienen produziert wurde, weil Bienen immer auch ihre DNA in den Honig absondern. Bei Zuckersirup gibt es keine DNA.
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Honigfälschung: Politik zuckt mit den Achseln
Bereits im Frühjahr waren die Fälschungen von den Imkern angeprangert worden. Getan hat sich laut Imkerverband überhaupt nichts. "Diese Fälschungen werden mit einem Achselzucken hingenommen," so Hock, obwohl die Deutsche Honigverordnung klar verbietet, dass Zucker oder Wasser zugesetzt - oder auch Honig zu stark erhitzt werden darf. Auch dagegen wird bei Industriehonig regelmäßig verstoßen. Vor allem Honig aus der Quetsch-Flasche werde gerne verdünnt, damit er schön herausfließt, und auf der Flasche steht dann nach wie vor "Honig".
Billighonig verdirbt die Preise
"Wenn Bierbrauer ihre Produkte mit Zucker und Chemikalien versetzten und nach wie vor "nach deutschem Reinheitsgebot gebraut" draufschreiben würden, gäbe es einen Aufschrei. Oder wenn Wein gepanscht würde. Bei Honig ist es der Politik egal", glaubt Hock. Obwohl beim Honig noch viel mehr dranhängt: Der zuckerversetzte Billighonig verdirbt laut Imkerverband die Preise. Es gibt Honig im Supermarkt für unter zwei Euro das 500 Gramm-Glas. Das kann laut Verband kein natürlich hergestellter Honig sein. Immer mehr Imker würden angesichts des Preisdrucks aufgeben und damit verringere sich auch die Zahl der Bienen.
Keine Bienen - keine Landwirtschaft
Aber die Bienen werden im Obst- und Gemüsebau dringend gebraucht. Auch Raps und Sonnenblumen brauchen Bienen. Fehlen diese, kann es in ein paar Jahren düster aussehen. Die Imker fordern bessere Analysen und schärfere Kontrollen und dass die verfälschten Honigsorten entweder aus dem Regal verschwinden oder dass zumindest klar auf dem Etikett zu erkennen ist, wieviel Zucker beigefügt wurde.
Verband der Honig-Importeure wehrt sich
Der Deutsche Verband der Produzenten und Abfüller für Honig aus dem Ausland (Honig-Verband e.V.) wehrt sich gegen die Behauptung der Deutschen Imker, der importierte Honig sei von schlechterer Qualität. "Der Honig-Verband und seine Mitglieder kontrollieren Honige nach dem Stand der aktuellen Technik und werden dabei von fachlich erfahrenen Speziallaboren unterstützt." Der Verband zieht außerdem die Analyse-Methode in Zweifel, die bei den Tests in Estland angewandt wurde.
Auch ein Dienstleistungs-Labor, dass Honig für die Industrie analysiert, wehrt sich vehement dagegen, dass die DNA-Analyse genauer sei und Fälschungen sicher aufdeckt, im Gegensatz zu in Deutschland praktizierten Untersuchungen.
"Durchaus verständlich," sagt Bernhard Heuvel vom Berufs- und Erwerbsimkerbund. "Es geht bei unseren Vorwürfen ja auch um viel Geld." Die Branche importiert laut ihrem Sprachrohr, dem Honigverband, jährlich 80.000 Tonnen Honig aus dem Ausland mit einem Gesamtwert von 250.000 Euro. "Wir hatten dem Verband vor zwei Wochen in Hamburg angeboten, sich genau über die Analyse-Methode zu informieren, damit in Zukunft gepanschter Honig nicht mehr auf den deutschen Markt kommt," so Heuvel weiter. Am 8. November werde das Analyseverfahren aus Estland vor Wissenschaftlern vorgestellt. Einige Tage später auch der Öffentlichkeit.
Die Imker hoffen, dass durch ihre Aufklärungskampagne künftig wieder vernünftige Preise für ihr Qualitätsprodukt angeboten werden. Zurzeit böten die Honig-Abfüller maximal drei Euro fürs Kilo Honig. Ein Produzent wollte sogar nur 80 Cent zahlen.