Honig im Glas (Symbolbild)

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Honig zu 80 Prozent gepanscht: Imker in RLP wenden sich an Europol

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Sebastian Barth
Autor Sebastian Barth

Der Imkerverband Rheinland-Pfalz mit Sitz in Neustadt fordert vom Gesetzgeber bessere Kontrollen. Honig werde viel zu häufig gefälscht. Dem Betrug ist laut Verband Tür und Tor geöffnet.

"Das Ergebnis einer Analyse von angeblichem Bienenhonig aus dem Supermarkt ist erschreckend", sagte Thomas Hock, der Vorsitzende des Imkerverbands Rheinland-Pfalz, dem SWR. Von 30 eingesandten Honiggläsern waren 25 gestreckt - einige wenig, aber etliche auch extrem. Eines der Honiggläser bestand nur aus Zuckersirup. "Dieser angebliche Honig hatte nie eine Biene gesehen." Die deutschen Imker haben laut Hock bei der Europäischen Kommission bei der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (SANTE) Anzeige erstattet und auch den Fall der Europäischen Polizei Europol gemeldet.

Der Imkerverband Rheinland-Pfalz will gesondert Proben ziehen und nach Estland schicken und mit den Ergebnissen in Rheinland-Pfalz rechtliche Schritte einleiten. Denn die Vorwürfe sind nicht neu. Es tut sich nur nichts.

Honig von Spezial-Labor untersucht

Die Untersuchung wurde laut Hock vom Berufs- und Erwerbsimkerbund Deutschland bei einem Labor in Estland in Auftrag gegeben. Neutrale Gläser wurden eingereicht, also ohne Etiketten. Die einzigen, die nicht beanstandet wurden, waren demnach Gläser von Imkern und ein einziges Supermarkt-Produkt. Zwei Proben seien grenzwertig gewesen, alle anderen bestanden mehr oder weniger aus Zuckersirup.

Der Grund, warum sich die Imker an ein Labor in Estland gewandt hatten: Deutsche Labore wenden zur Zeit eine Analysemethode, die den vielen neuen Fälschungsmethoden - beispielsweise mit Reissirup oder künstlich hergestellten Enzymen - nicht feststellen kann. In Estland wird eine DNA-Analyse vorgenommen. "Wir wollen erreichen, dass das auch in Deutschland Standard wird," sagt Bernhard Heuvel, Vorstand des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbunds.

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Honigfälschung: Politik zuckt mit den Achseln

Bereits im Frühjahr waren die Fälschungen von den Imkern angeprangert worden. Getan hat sich laut Imkerverband überhaupt nichts. "Diese Fälschungen werden mit einem Achselzucken hingenommen," so Hock, obwohl die Deutsche Honigverordnung klar verbietet, dass Zucker oder Wasser zugesetzt - oder auch Honig zu stark erhitzt werden darf. Auch dagegen wird bei Industriehonig regelmäßig verstoßen. Vor allem Honig aus der Quetsch-Flasche werde gerne verdünnt, damit er schön herausfließt, und auf der Flasche steht dann nach wie vor "Honig".

Billighonig verdirbt die Preise

"Wenn Bierbrauer ihre Produkte mit Zucker und Chemikalien versetzten und nach wie vor "nach deutschem Reinheitsgebot gebraut" draufschreiben würden, gäbe es einen Aufschrei. Oder wenn Wein gepanscht würde. Bei Honig ist es der Politik egal", glaubt Hock. Obwohl beim Honig noch viel mehr dranhängt: Der zuckerversetzte Billighonig verdirbt laut Imkerverband die Preise. Es gibt Honig im Supermarkt für unter zwei Euro das 500 Gramm-Glas. Das kann laut Verband kein natürlich hergestellter Honig sein. Immer mehr Imker würden angesichts des Preisdrucks aufgeben und damit verringere sich auch die Zahl der Bienen.

Keine Bienen - keine Landwirtschaft

Aber die Bienen werden im Obst- und Gemüsebau dringend gebraucht. Auch Raps und Sonnenblumen brauchen Bienen. Fehlen diese, kann es in ein paar Jahren düster aussehen. Die Imker fordern bessere Analysen und schärfere Kontrollen und dass die verfälschten Honigsorten entweder aus dem Regal verschwinden oder dass zumindest klar auf dem Etikett zu erkennen ist, wieviel Zucker beigefügt wurde.

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