Symbolischer Spatenstich für neue Lilly-Produktionsstätte in Alzey am 8. April 2024

Gesetzesänderung zu Preisen von Medikamenten

Neuer Standort von Lilly in Alzey: Bundesregierung reagiert auf Recherchen

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In Alzey soll ein neuer Standort des US-Pharmaunternehmens Lilly entstehen. Jetzt steht jedoch die Frage im Raum, ob das Unternehmen Einfluss auf die Bundesregierung genommen haben könnte. Diese hat am Montag reagiert.

Im April dieses Jahres waren zum Spatenstich für den neuen Standort des US-Pharmaunternehmens Eli Lilly in Alzey neben der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (Grüne) erschienen. Am Freitag wurden Recherchen von WDR, NDR, Süddeutscher Zeitung und dem Rechercheteam "Investigate Europe" veröffentlicht, die zeigen, dass Lilly seine Investition genutzt haben könnte, um die Bundesregierung zu einer Gesetzesänderung zu drängen.

Welche Vorteile hat Eli Lilly durch die geplante Gesetzesänderung?

Das Gesetz bietet Eli Lilly und anderen Pharmakonzernen den Vorteil, ihre Rabatte in Deutschland geheim zu halten. Das ist besonders wichtig, weil in Deutschland hohe Rabatte, etwa bis zu fünfzig Prozent, auf den Listenpreis gewährt werden müssen, wenn ein Medikament keinen signifikanten Fortschritt gegenüber bestehenden Präparaten bietet. Mit anderen Worten: Wenn eine neues Medikament nicht wirklich etwas neues bewirkt, gibt es einen Rabatt auf dieses Medikament.

Wenn diese Rabatte öffentlich wären, könnten andere europäische Länder dieselben Nachlässe fordern. Durch das Gesetz können Pharmakonzerne also verhindern, dass solche Preisnachlässe in anderen Märkten Druck auf ihre Gewinnmargen ausüben. Das Gesetz schützt somit ihre Preisgestaltung und Gewinne im Ausland.

Sprecher: Für Standort spielte Rabattregel keine Rolle

Am Montag reagierte die Bundesregierung auf die Recherche. Der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums Sebastian Gülde sagte, die Standortentscheidung von Lilly spiele für die Rabattregel, wie sie im Medizinforschungsgesetz festgelegt wurde, keine Rolle. Weiter sagte er: "Ich kann mich zu internen Dokumenten hier nicht äußern und bleibe bei dem, was ich dazu gesagt habe." Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner ergänzte: "Ich habe den Worten des Sprechers des Gesundheitsministeriums hier nichts hinzuzufügen." Auch der US-Konzern bestreitet die Vorwürfe.

Ich kann mich zu internen Dokumenten hier nicht äußern und bleibe bei dem, was ich dazu gesagt habe.

Chefreporter Grill: Bundesregierung dementiert nicht die Akten

Markus Grill, Chefreporter Investigativ-Ressort von NDR und WDR, bleibt auf SWR-Nachfrage bei seinem Bericht. "Wenn man genau zuhört, was die Bundesregierung sagt, dementieren sie es nämlich gar nicht", sagte Grill dem SWR am Montag. "Sie sagen nur, für die Entscheidung, für das Gesetz, war es nicht wichtig, was Lilly wollte. Aber sie dementieren ja nicht die Akten aus dem Ministerium, in denen ganz klar steht, dass der Pharmakonzern es zur Bedingung gemacht hat, dass so ein Gesetz kommt, und dann investieren sie." Dies stehe an mehreren Stellen in Akten aus dem Gesundheitsministerium.

Bundestagsabgeordneter mit Fragen an die Regierung

Inzwischen gebe es aus dem Bundestag Initiativen zu dem Fall, sagte Grill. Ein Abgeordneter der Union habe der Bundesregierung am Montag konkrete Fragen dazu gestellt. "Also es gibt jetzt den Versuch, zumindest aus dem Bundestag, den Sachverhalt aufzuklären", so Grill.

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SWR