Hubert Deubert, der langjährige Bürgermeister von Quirnheim (Kreis Bad Dürkheim) hatte nach fast 30 Jahren genug: Der 73-Jährige wollte nicht mehr Ortsbürgermeister von Quirnheim sein, sich lieber voll und ganz seinem eigentlichen Job widmen - seinem Stadtplanungsbüro in Quirnheim. Aber ein Kandidat für die Bürgermeisterwahl Anfang Juni fand sich nicht. Nach der Kommunalwahl sollte eigentlich der Gemeinderat jemanden aus den eigenen Reihen als Bürgermeister bestimmen. Auch da gab es niemanden, der sich dazu bereit erklärt hatte.
Jetzt verwaltet Deubert die Gemeinde Quirnheim mit ihren knapp 800 Einwohnern kommissarisch - aber nur bis zum Ende des Jahres. Dann sei für ihn endgültig Schluss, sagte er dem SWR. Er möchte aber noch den Bebauungsplan für ein Neubaugebiet abschließen. Das bringe dem Ort Geld.
Zeitaufwendiges Ehrenamt Ortsbürgermeister in RLP: Amt oft zu viel für eine Person
Vier Monate nach der Kommunalwahl sind nach SWR-Recherchen noch etwa 80 rheinland-pfälzische Orte ohne Bürgermeister. Das sind weniger als vor der Wahl befürchtet, auch dank kreativer Ideen einiger Gemeinden.
Bürgermeister: "Die Arbeit ist unglaublich zäh"
Deubert, der Mitglied bei der SPD ist, kann sich schon vorstellen, warum niemand in Quirnheim seinen Job übernehmen will: "Die Arbeit ist unglaublich zäh geworden und das ist ein strukturelles Problem," sagt der Noch-Bürgermeister. Die Verbandsgemeinde Leiningerland, zu der Quirnheim gehört, sei nach ihrer Fusion 2018 unglaublich schwerfällig geworden. Damals fusionierten die Verbandsgemeinden Grünstadt-Land und Hettenleidelheim. Früher sei es mit der Bearbeitung von Anträgen in der Verbandsgemeinde deutlich schneller gegangen.
Ein weiterer Grund, warum es so zäh ist: "Heutzutage muss alles 120-prozentig genau sein. In der Verwaltung mit Sitz in Grünstadt will niemand sich der Gefahr aussetzen, auch nur den kleinsten Fehler zu machen," sagt Deubert. Das habe endlose Nachfragen, E-Mails und viele Telefonate zur Folge
Stellenausschreibung in Quirnheim
Wie soll Quirnheim einen Bürgermeister finden? "Die Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz sieht da mehrere Möglichkeiten," sagt Jürgen Esser. Er ist der Büroleiter der Verbandsgemeinde Leiningerland. Als ersten Schritt hat Esser dem Gemeinderat verordnet, die Wahl eines Bürgermeisters bei jeder Gemeinderatssitzung an erster Stelle auf die Tagesordnung zu setzen.
Dabei muss der Gemeinderat auch nicht unbedingt jemanden aus den eigenen Reihen als Bürgermeister vorschlagen. "Jeder im Ort, der wählbar ist, kann vorgeschlagen werden," so Esser. Einen weiteren Tipp hatte der Büroleiter dem Rat gegeben: "Schreibt die Stelle doch einfach aus, im Anzeigenblatt." Ein Bürgermeisterposten sei schließlich eine Stelle wie jede andere in einer Gemeinde.
Letzte Option: Bevollmächtigter statt Bürgermeister
Wenn das alles nichts fruchtet, dann wird die Verbandsgemeinde einen Bevollmächtigten für die Amtsgeschäfte in Quirnheim bestellen. "Aber ich habe dem Gemeinderat schon gesagt: Das könnt Ihr nicht ernsthaft wollen. So ein Bevollmächtigter erledigt den Job wahrscheinlich ohne große Motivation. Im Gegensatz dazu: Ein Bürgermeister aus dem Ort verfolgt politische Ziele, die ihm und dem Ort nutzen."
Deubert: "Zu große Verbandsgemeinde nach Fusion"
Hubert Deubert hofft, dass sich doch noch jemand für das Amt des Bürgermeisters findet, der seine Arbeit fortsetzt. Denn in Quirnheim gibt es noch einige Projekte, die angestoßen sind und gut zu Ende gebracht werden sollten - zum Beispiel ein Radweg, oder die Renaturierung des Quirnheimer Baches, der in ein Hochwasserschutz-Projekt eingebunden ist.
Aber der 73-Jährige bleibt bei seiner Meinung: "Die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz zu vergrößern, das war ein Fehlgriff vom Land." Er hat Kontakte zu Amtskollegen in Baden-Württemberg und Hessen. Die Kollegen hätten weniger Probleme, weil sie kleinere und deutlich schlagkräftigere Verwaltungseinheiten haben.