Das Ehepaar Schaffelhuber muss 7.900 Euro an ihre Krankenversicherung zahlen, weil sie die Frist versäumt haben.

Bundestag ändert Sozialgesetz

Versicherte setzen sich gegen "unfaire Krankenkassenforderungen" durch

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Autor/in
Jeanette Schindler

Krankenversicherte sollten tausende Euro zahlen, weil sie ihren Einkommensbescheid zu spät abgegeben hatten. Nach Hinweisen des SWR wurde das Gesetz geändert.

Sie seien unglaublich erleichtert und glücklich, sagt Hans Schaffelhuber. Ende Januar bekamen er und seine Frau einen Brief von der Pronova BKK mit dem Betreff: "Gute Nachrichten: Wir erstatten Ihnen Geld".

Ursprünglich sollte das Ehepaar aus Battenberg in der Pfalz 7.900 Euro an die Krankenversicherung zahlen, weil sie ihren Einkommensbescheid für 2019 fünf Tage zu spät abgeschickt hatten. Der Rentner macht für seine Frau, die mit einer kleinen Änderungsschneiderei noch etwas zu ihrer gemeinsamen Rente hinzu verdient, die Buchhaltung.

2.100 Euro der Krankenkassenforderung hatten sie mittlerweile in Raten abgestottert. Das Geld zahlt ihnen die Pronova BKK nun zurück. "Eine Mitarbeiterin hatte uns schon Wochen zuvor persönlich angerufen", erzählt Hans Schaffelhuber, "und uns gesagt, wie sehr sie sich mit uns freut, dass das Gesetz geändert wurde".

Bundestag ändert Sozialgesetz zugunsten von Versicherten

Im Sommer 2023 hatte der SWR von Betroffenen erfahren, die teils ein halbes Jahreseinkommen an ihre Krankenversicherung zahlen mussten - nicht weil sie mehr Einkommen hatten als angenommen, sondern weil sie ihre Einkommensbescheide nicht rechtzeitig abgegeben hatten. So auch die Fotografin Julia Paul aus Landau. SWR Aktuell Rheinland-Pfalz und Zur Sache Rheinland-Pfalz haben im Oktober über die Fälle berichtet.

Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz forderte, dass die Politik die Ungerechtigkeit beseitige, da vor allem Geringverdiener extrem belastet wurden. Sie mussten die höchsten Krankenkassenbeiträge nachzahlen, obwohl sie kaum etwas verdient hatten.
Das Bundesgesundheitsministerium erklärte im September auf Anfrage des SWR: "Die Anwendung der Regelung des §240... kann bei Versicherten im Einzelfall zu Härten führen. Aus diesem Grund prüft das Bundesgesundheitsministerium entsprechende Anpassungen der Regelung." Am 16. Dezember 2023 trat die Änderung im Sozialgesetzbuch in Kraft.

Übergangsregelung für Krankenversicherte Altfälle

Für die Fälle aus den Jahren 2018 und 2019, als das umstrittene Gesetz erstmals eingeführt wurde, gilt nun eine Übergangsregelung: "In Fällen, in denen die Krankenkasse für Zeiträume ab dem 1. Januar 2018 bis 15. Dezember 2023 Beiträge (Anmerk. der Red: nach bisherigem Recht) festgesetzt hat, sind die Beiträge für das jeweilige Kalenderjahr neu festzusetzen." Die Betroffenen haben nun bis zum 16. Dezember 2024 Zeit, ihren Einkommensbescheid nachzureichen.

Auch Krankenversicherte, die nicht geklagt haben, profitieren

Längst nicht alle Betroffenen hatten vor Sozialgerichten gegen die Krankenkassenforderung geklagt. Manche scheuten den Gang vor Gericht, weil sie das Geld nicht hatten oder nicht an einen guten Ausgang glaubten. Die gute Nachricht: Auch sie bekommen ihr Geld zurück und profitieren von der Gesetzesänderung.

Versicherte der Barmer GEK müssen aber wohl trotz der Gesetzesänderung die Raten vorerst weiter zahlen. Wie ein Sprecher mitteilte, können die Fälle aus den Jahren 2018 und 2019 derzeit aus technischen Gründen noch nicht bearbeitet werden. Das werde aber ab Mitte Februar so schnell wie möglich geschehen. "Eine selbstständige Einstellung der Ratenzahlungen ohne entsprechende Prüfung der Unterlagen und Rücksprache mit uns ist jedoch nicht möglich", so die Barmer GEK.

Bis zu 0,7 Prozentpunkte Drei Viertel der gesetzlichen Krankenkassen erhöhen die Beiträge

Ein Ausnahme im Gesetz erlaubt es Krankenkassen, ihre Beiträge unangekündigt zu erhöhen. Viele Kassen haben das zum ersten Januar 2023 genutzt.

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