Für die meisten so genannten "bürgernahen Dienstleistungen" sind im ländlichen Raum die Verbandsgemeinden (VG) verantwortlich. Nur bei der Kfz-Zulassung oder der Ausstellung des Führerscheins sind in der Regel die Landkreise in der Verantwortung. Eine große SWR-Recherche bei den zuständigen Behörden hat ergeben: Auf dem Land kriegt man deutlich problemloser einen Termin und auch die Bearbeitungszeit der Anträge ist kürzer. Das liegt vor allem am Personal.
Kaum freie Stellen in ländlichen Bürgerämtern in Rheinland-Pfalz
Egal ob es die VG Hunsrück-Mittelrhein ist, die VG Alzey-Land, Wittlich-Land oder Bad-Ems-Nassau - landauf, landab in Rheinland-Pfalz verteilt heißt es: Zumindest in den Bürgerbüros sind so gut wie überall die Stellen besetzt. Auch wenn Stellen frei werden, können sie meistens innerhalb weniger Monate neu besetzt werden. Deswegen geht die Terminvergabe schnell und selbst, wer ohne Termin zu den Bürgersprechstunden erscheint, muss im Normalfall selten länger als eine Stunde warten.
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Autos können nur noch nach Terminvereinbarung angemeldet werden, dafür aber überall zwischen Cochem, Daun und Wittlich. Von der gemeinsamen Kfz-Zulassung sollen alle profitieren.
In den großen Städten im Südwesten zeigt sich ein ganz anderes Bild. In Mainz, Koblenz oder Trier kann es teilweise mehrere Wochen dauern, bis Bürgerinnen und Bürger überhaupt einen Termin bekommen. Hier ist vor allem der Personalmangel schuld. In den wirklich großen Bürgerbüros sind nach SWR-Recherchen oft 10, 15 oder 20 Stellen dauerhaft unbesetzt. Außerdem gibt es behördenintern häufig eine hohe Fluktuation.
Bessere Arbeitsbedingungen in Bürgerbüros auf dem Land
Als mögliche Gründe nennen die Behördenleiter in der Abfrage vor allem zwei Aspekte. Zum einen sei in der Stadt die Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt oft schärfer. Vor allem Verwaltungsfachangestellte werden auch in vielen größeren Firmen gesucht und die freie Wirtschaft lockt mit höheren Gehältern, flexibleren Arbeitszeitmodellen und besseren Aufstiegschancen. Gerade in ländlichen Regionen in Rheinland-Pfalz gibt es diese Konkurrenzsituation so nicht, oder zumindest nicht im selben Ausmaß.
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Lange Wartezeiten bei Behörden, dazu Ämter, die wegen Personalmangels geschlossen sind: das nervt viele. Eine SWR-Umfrage zeigt erstmals die Folgen für die Beschäftigten.
Der zweite Aspekt betrifft die Arbeitsbedingungen im Bürgerbüro selbst. Durch die teils schlechte Personallage in den großen Städten, berichten der SWR-Recherche nach viele Mitarbeitende von Überlastung. Die langen Wartezeiten führen zu Frust bei den Kunden und Kundinnen, was in Extremfällen zu Anfeindungen oder körperlichen Angriffen führen kann. Viele Mitarbeitende lassen sich deswegen nach relativ kurzer Zeit behördenintern versetzen, was die Personalnot in den Bürgerbüros zusätzlich anheizt. Das führt wiederum zu noch längeren Wartezeiten und weiterer Anspannungen. In den besser besetzten Bürgerämtern auf dem Land gibt es diesen Teufelskreis nicht.
Situation verschärft sich auch im ländlichen Rheinland-Pfalz
Die grundsätzlich gute Situation in den ländlichen Bürgerämtern ist allerdings nicht in Stein gemeißelt. Und der Trend der letzten Jahre sieht nicht gut aus: Von der VG Birkenfeld heißt es zum Beispiel, dass wirklich qualifiziertes Personal immer knapper wird. Auch die Verbandsgemeinde Cochem verzeichnet immer weniger Bewerber pro freie Stelle. Und in Bad Kreuznach kommt es inzwischen immer wieder vor, dass es auf eine Ausschreibung zuerst gar keine passenden Bewerbungen gibt und die Stellen erneut ausgeschrieben werden müssen.
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Dokumente scannen oder den Ausweis abholen. In der VG Vordereifel ist das jetzt rund um die Uhr möglich. Denn der erste Amt-O-Mat bietet Bürgerservice außerhalb der Dienstzeiten.
Der Fachkräftemangel in der Verwaltung wird auf kurz oder lang deswegen wohl auch die ländlichen Regionen erreichen. Die meisten Behördenleiter fordern deswegen auch eine schnellere Digitalisierung, also mehr Anträge und Arbeitsschritte, die automatisiert werden können. Teilweise gibt es das schon bei der Terminvergabe oder bei An- und Ummeldungen. Aber aus Sicht der Behörden muss der Prozess beschleunigt werden.
Denn in Zukunft wird es entscheidend darauf ankommen, was sich auf dem Land schneller entwickelt: Die Digitalisierung oder der Fachkräftemangel.