Einfach mal schnell in den kleinen Laden um die Ecke und ein Pfund Butter kaufen - das war früher auch auf dem Dorf ganz normal. Mittlerweile sind diese sogenannten Tante-Emma-Läden aber weitgehend ausgestorben. Gerade für alte Menschen, die nicht mehr so mobil sind, ist das ein großes Problem. Die Gemeinden Winningen (Kreis Mayen-Koblenz) und Mastershausen (Rhein-Hunsrück-Kreis) haben dafür nun eine Lösung gefunden.
MyEnso: Ein Dorfladen für Winningen
Schon seit sechs Jahren bemüht sich Rosi Hautt, die Dritte Beigeordnete der Gemeinde Winningen, um eine neue Einkaufsmöglichkeit im Ort. Darum gründete sie 2019 die AG Dorfladen. Schnell wurde ihr klar, dass sie den künftigen Winninger Dorfladen genossenschaftlich organisieren wollte. Mit dem Bremer Startup MyEnso hat die AG nun ein Unternehmen gefunden, mit dem sie das Projekt umsetzen kann. Ein echter Glücksfall, wie Rosi Hautt berichtet: "Das ist genau so, wie wir uns das vorgestellt hatten."
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Konzept richtet sich an kleine Gemeinden
Bislang hat MyEnso vor allem im Norden und Osten Deutschlands ihre "Tante Enso"-Läden umgesetzt. Ihr Konzept richtet sich an Gemeinden mit weniger als 3.000 Einwohnern. Die Bedingung: 300 Bürger müssen bereit sein, Genossenschaftsanteile zu kaufen. So will das Unternehmen sicherstellen, dass das Interesse unter den Einwohnern groß genug ist und der Laden wirtschaftlich sein kann.
Bürger können Sortiment des Marktes mitgestalten
In Winningen kauften sogar mehr als 400 Bürger Anteile an der MyEnso-Teilhabergenossenschaft. Damit haben sie auch ein Mitbestimmungsrecht, welche Produkte in ihrem Dorfladen angeboten werden sollen. Wie Heike Bode vom Tourismusbüro der Gemeinde Winningen erklärt, habe vor allem das moderne Konzept des Mini-Supermarkts die Bürger überzeugt. Während der täglichen Öffnungszeiten wird Verkaufspersonal im Laden sein. Aber auch darüber hinaus können Kunden im Mini-Supermarkt einkaufen.
MyEnso macht Einkaufen rund um die Uhr möglich
Mit einer Kundenkarte gelangen Käufer jederzeit in das Geschäft und bezahlen die Waren an den Selbstbedienungskassen. Um Missbrauch vorzubeugen, sind die Läden videoüberwacht. Zusätzlich zu den bis zu 3.000 Artikeln im "Tante Enso"-Laden, bietet die Firma weitere Produkte in ihrem Onlineshop an. Diese Bestellungen können dann einfach im Laden abgeholt werden. Eine runde Sache, findet Heike Bode: "Das ist auch toll für unsere Feriengäste. Die wollen ja auch gerne hier vor Ort einkaufen." Bis der Laden eröffnet, wird es aber noch etwa eineinhalb Jahre dauern, sagt sie.
Dorfläden sind wichtig für die Gemeinschaft
Auch in Mastershausen ist ein MyEnso-Laden geplant. Früher hatte die Gemeinde sogar zwei Dorfläden, die beide von Einwohnern betrieben wurden. Der erste wurde allerdings schon vor einigen Jahren geschlossen, weil der Betreiber altersbedingt sein Geschäft aufgeben wollte. Im letzten Jahr schloss dann auch noch der andere Laden, weil sich im Ort niemand fand, der ihn übernehmen wollte.
Für den Ersten Beigeordneten von Mastershausen, Jan Wiersch, fiel damit ein wichtiger Teil des Dorflebens weg: "So ein Laden ist ein zentraler Punkt im Dorf, wo die Leute sich treffen, Neuigkeiten erfahren und so weiter." Also wurde Jan Wiersch aktiv und sah sich nach einer Lösung um. Er verhandelte mit verschiedenen Anbietern von Dorfläden, aber die Gemeinde konnte die Bedingungen dieser Unternehmen nicht erfüllen. So wurde Jan Wiersch auf MyEnso aufmerksam.
Ein Neubau für den Mini-Supermarkt
"Ich bin froh, dass wir den ersten Schritt schon geschafft und die 300 Leute zusammenbekommen haben", sagt Jan Wiersch. Jetzt sei er erst einmal als Projektleiter seitens der Gemeinde mit der Planung beschäftigt. Denn das Gebäude, in dem der Mini-Supermarkt unterkommen soll, steht noch nicht.
Geplant ist ein Modulbau, der eventuell auch noch um andere Geschäfte erweitert werden kann. Jan Wiersch geht davon aus, dass das Gebäude im Sommer 2024 fertig wird. Bis dahin hat er noch einiges zu tun. "Aber ich freue mich schon darauf, wenn ich den Bürgern endlich das Eröffnungsdatum nennen kann", sagt Wiersch.