Wer die Top-Sehenswürdigkeiten in Rheinland-Pfalz googelt, bekommt bei den Ergebnissen ganz oben oft die Geierlay angezeigt. Die Hängeseilbrücke zwischen den Hunsrückorten Mörsdorf und Sosberg ist bei Touristen seit Jahren beliebt.
Viele nehmen eine mehrstündige Fahrt auf sich, um einmal über die 100 Meter hohe Fußgängerbrücke zu gehen. Im kommenden Jahr wird am Geierlay-Besucherzentrum bereits der dreimillionste Besucher erwartet.
Keiner hat an Vision der "Brückenträumer" geglaubt
Was sich heute fast normal anhört, war vor zehn Jahren unvorstellbar. Damals habe fast niemand an das Projekt der drei "Brückenträumer" geglaubt, sagt Initiator und Ortsbürgermeister Marcus Kirchhoff (parteilos). Es sei für ihn und seine beiden Mitstreiter aus dem Ort sehr schwierig gewesen, die Menschen im Hunsrück von ihrer Vision zu überzeugen: "Alle haben gesagt, ihr spinnt doch. Aber wir haben einfach blind zu Dritt gedacht, das ist der Heilsbringer. Das kriegen wir hin." Er persönlich habe nie daran gezweifelt, dass die Brücke ein Erfolg werden könne.
Idee aus Dorferneuerungsprogramm in Mörsdorf
Kirchhoff wohnt seit 2001 im Hunsrück, davor hatte er einen Schreinerei-Betrieb in Düsseldorf. Erst auf dem Land sagt er, habe er gelernt, dass es sich lohnen könne, sich politisch oder gesellschaftlich einzubringen: "Der Auftakt war für mich das sogenannte Dorferneuerungsprogramm im Jahr 2006. Da haben wir gemeinsam versucht, was zu entwickeln. Und wenn es dann eine Gemeinschaft gibt, die an irgendwas zieht, dann läuft das auch." Damals sei die Geierlay-Idee zum ersten Mal zur Sprache gekommen.
Einige Jahre später wurde der Schreinermeister zum Ortsbürgermeister gewählt. Zusammen mit den anderen beiden "Brückenträumern" habe er die Planungen für eine Hängeseilbrücke immer weiter verfolgt, sagt der 63-Jährige. In dieser Zeit sei viel Überzeugungsarbeit und Biss nötig gewesen: "Die Kunst ist, die Leute mitzunehmen. Ich glaube, solche Dinge muss man dann einfach auch machen. Man muss Visionen haben und sie so umsetzen, dass andere sie mit teilen können."
Geld aus Windkraft hat bei Umsetzung geholfen
Schließlich sei es 2015 gelungen, die Geierlay und ein Besucherzentrum zu bauen: mit Fördergeldern von der EU und vom Land. Geholfen hätten bei der Umsetzung aber auch die Pachteinnahmen für die zwölf Windräder in Mörsdorf, sagt der Ortsbürgermeister: "Ohne das Geld aus der Windkraft wäre es wahrscheinlich so nicht gegangen." Der Ort habe dadurch ein neues Verständnis davon bekommen, was alles möglich sei.
Kommunalwahl am 9. Juni In mehr als 500 Gemeinden in RLP fehlen Ortsbürgermeister-Kandidaten
Stell Dir vor es sind Kommunalwahlen, aber es gibt keine Kandidaten. So geht es gerade 523 Gemeinden in Rheinland-Pfalz, in denen sich niemand für das Amt des Ortsbürgermeisters bzw. der Ortsbürgermeisterin bewirbt.
Mörsdorf ist heute "ein sehr lebenswerter Ort"
Für Mörsdorf hat sich die Weitsicht und der Glaube der "Brückenträumer" an das Geierlay-Projekt gelohnt. Jedes Jahr besuchen etwa 300.000 Menschen den Hunsrück-Ort. Und der stehe heute so gut da, wie noch nie, sagt Kirchhoff: "Wir haben keinen Leerstand. Wir bauen einen Kindergarten, wir liefern den Senioren und den Kindern ein kostenfreies Mittagessen und wir haben eine Dorfschwester, die sich um die alten Leute kümmert. Wir haben einfach viele Dinge, die die Attraktivität vergrößern und den Ort lebenswerter machen."
Neue Wohnmobilstellplätze und ein Gewerbegebiet in Planung
Am Sonntag stellt sich der 63-Jährige wieder zur Wahl. Es sei zwar sehr zeitaufwendig, Ortsbürgermeister zu sein Und in Rheinland-Pfalz bekomme man für die Arbeit leider viel zu wenig Geld, sagt Kirchhoff. Aber: "Das Gute ist, man kann in so einer Position wirklich gestalten. Eigentlich ist es ein Traumjob."
Und Kirchhoff hat in Mörsdorf auch in Zukunft noch einiges vor: Als nächstes seien in der Hunsrückgemeinde neue Wohnmobilstellplätze und ein kleines Gewerbegebiet geplant.