Blick auf Altenahr ein Jahr nach der Flutkatastrophe

Neustart nach der Flutkatastrophe

Ahrtal hofft auf Sommer-Touristen

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Nach dem Ferienstart in Rheinland-Pfalz hoffen Tourismusbetriebe im Ahrtal auf viele Gäste. Ein Jahr nach der Flutkatastrophe sind immer mehr Gaststätten und Hotels wieder geöffnet.

Die Ortsmitte von Altenahr: Autos von Handwerksfirmen parken entlang der schmalen Durchgangsstraße. Aus den von der Flut schwer zerstörten Häusern links und rechts - einst beliebte Hotels - klingt Baulärm. Die Fenster sind leer. Inmitten dieser Großbaustelle steht das Hotel Ruland direkt an der Ahr. Gelb gestrichen und herausgeputzt ist es seit dem 15. Juli wieder für Gäste geöffnet.

"Da ist uns eine Riesenlast von den Schultern gefallen, dass wir das geschafft haben", sagt Jacob Carnott, Sohn der Inhaberfamilie. Ein Jahr lang haben sie zusammen mit vielen Helfern und Handwerkern hier geschuftet. Jetzt müssen nur noch Kleinigkeiten gemacht werden. Ansonsten können die Gäste kommen. Und die ersten waren auch schon da. "Wir sind sehr froh, dass all unsere Stammgäste wiedergekommen sind oder angekündigt haben, wieder zu uns zu kommen", sagt Carnott.

Wiedereröffnung aus der Not heraus

Auch das Hotel Rodderhof in Ahrweiler hat seit dem 15. Juli wieder geöffnet - auch wenn der Wiederaufbau noch nicht ganz abgeschlossen ist, wie Betreiber Daniel Hempen erklärt: "In einer perfekten Welt wäre es natürlich so gewesen, dass man hier ganz in Ruhe renoviert und dann aufgemacht hätte, wenn man fertig ist." Aber die sogenannte Betriebsunterbrechungs-Versicherung, die die Familie für das Hotel abgeschlossen hat, lief nur ein Jahr lang.

Hätte Hempen das Hotel nicht aufgemacht, hätte er sämtliche Fixkosten - wie auch die Gehälter seiner Mitarbeiter aus eigener Tasche bezahlen müssen. Entlassen wollte er niemanden, denn gutes Personal sei in der Gastronomie schwer zu kriegen. Also hat sich die Familie entschieden, mit dem zu arbeiten, was da ist.

Innenhof des Hotels Rodderhof in Ahrweiler
Das Hotel Rodderhof in Ahrweiler befindet sich immer noch im Wiederaufbau. Trotzdem läuft der Betrieb seit dem 15. Juli in Teilen wieder.

40 der 56 Zimmer des Hauses stehen momentan schon wieder für Gäste zur Verfügung. Die kommen auch reichlich - vor allem an den Wochenenden, wo nicht so viel gewerkelt wird. "Es ist eine Teileröffnung. Manche Bereiche stehen noch nicht zur Verfügung - wie die Sauna - aber alle Gäste haben dafür unheimliches Verständnis", sagt Hempen.

Übernachtungen noch nicht überall möglich

Die Touristen werden dringend gebraucht, um die Gastgeber, die jetzt ein Jahr nach der Flutkatastrophe nach und nach wieder eröffnen, beim Neustart zu unterstützen. "Jeden Tag, jede Woche kommen neue Häuser und Gaststätten dazu und sind bereit für Touristen", sagt David Bongart vom Ahrtal-Tourismus-Verein. Natürlich fehlten noch Bettenkapazitäten - einige der großen Hotels haben noch nicht wieder auf - aber es gebe auch immer mehr Pensionen und Ferienhäuser, die Gäste beherbergen könnten. "Der Tourismus war ein wichtiger Wirtschaftsfaktor hier im Ahrtal und soll es auch wieder werden, deshalb brauchen wir die Touristen", sagt Bongart.

Rotweinwanderweg, Römervilla und Kletterwald warten auf Besucher

Doch kann man hier, wo die Zerstörung entlang der Ahr immer noch überall sichtbar ist, wirklich schon Urlaub machen? Eindeutig ja, sagt Bongart. Denn wirklich betroffen sei ja nur die Talsohle. "Gasthäuser oder Herbergen in den höheren Lagen oder in den Weinbergen sind völlig unversehrt und warten auf Gäste." Nach wie vor könne man in den Weinbergen den Rotweinwanderweg entlang wandern, ohne überhaupt etwas von der Zerstörung im Tal zu sehen. Zudem seien viele beliebte Touristenattraktionen, wie beispielsweise der Kletterwald, der Regierungsbunker oder die Römervilla in Bad Neuenahr-Ahrweiler wieder geöffnet.

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So sieht das auch Jacob Carnott aus Altenahr. "Unsere Gäste können das Hotel auch gut als Basislager für Tagestouren, beispielsweise in die Eifel, nutzen." Niemand solle sich von der an vielen Stellen noch sichtbaren Zerstörung abschrecken lassen oder Angst haben, als Katastrophentourist wahrgenommen zu werden. Das sei nicht der Fall. Im Gegenteil: Touristen im Ahrtal seien unbedingt gewollt. "Die Hilfe, die wir jetzt brauchen, sind Menschen, die Spaß haben, hier Urlaub zu machen."

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SWR