Der Verbandsbürgermeister von Landstuhl, Peter Degenhardt (CDU), fordert auf diese Frage eine Antwort vom Umweltministerium. Für ihn ist es unverständlich, dass die Boing 747 der Lufthansa auf dem Weg nach Johannesburg nach etwa einem Drittel der Strecke wieder umkehrt, den kompletten Weg nach Frankfurt zurück fliegt und über dem Pfälzerwald 30 Tonnen Kerosin ablässt, bevor sie wieder in Frankfurt landet - nach insgesamt fast sieben Stunden Flugzeit. Der komplette Flug von Frankfurt bis Johannesburg hätte gute zehn Stunden gedauert.
Es mache einen Unterschied, ob ein Flugzeug kurz nach dem Start umkehren und über dem Pfälzerwald Treibstoff ablassen muss, um sicher landen zu können. Oder ob es bereits so weit weg war und erst dann wieder zurückfliegt und hier Treibstoff ablässt, so Degenhardt. Warum aber ist die Maschine nicht einfach weitergeflogen?
Lufthansa: Rückkehr nach Frankfurt "bestmögliche Lösung"
Wie ein Sprecher der Lufthansa auf SWR-Anfrage mitteilt, war der Grund für die Rückkehr ein möglicher Defekt am Bremssystem des Fahrwerks. Im Cockpit habe ein Lämpchen gewarnt, dass mit dem Bremssystem, das vergleichbar mit dem ABS beim Auto sei, etwas nicht stimmt. Die Flugtauglichkeit sei durch diesen Fehler aber nicht eingeschränkt gewesen, erklärt der Sprecher. Dennoch habe der Pilot entschieden, nach Frankfurt umzukehren. Das sei auch die "bestmögliche Lösung" gewesen, denn für die Rückkehr hätten gleich mehrere Gründe gesprochen:
- Weil am Zielflughafen Johannesburg in Südafrika schlechtes Wetter mit Nebel und eingeschränkter Sicht vorausgesagt war, hätte die Maschine auf einen anderen Flughafen umgeleitet werden sollen.
- Dort sei die Landebahn aber recht kurz, weshalb dieser Flughafen wegen des möglichen Defekts an der Bremse nicht in Frage gekommen sei. Der Pilot habe nicht abschätzen können, ob das System ausgefallen ist und sich der Bremsweg dadurch womöglich stark verlängert.
- Aus dem gleichen Grund seien auch andere Flughäfen ausgeschieden.
- Bei einer Landung an einem anderen Flughafen wäre laut Lufthansa die Versorgung und der zeitnahe Weiterflug der Passagiere gefährdet gewesen.
- Auch eine zeitnahe Reparatur des Flugzeugs sei woanders problematischer. Etwa weil Ersatzteile und Techniker erst hätten vor Ort gebracht werden müssen.
- Zudem hätten der Pilot und seine Crew dann ebenfalls festgesteckt, weil sie ihre maximale Flugzeit überschritten hätten und erst nach einer mindestens zehnstündigen Pause hätten weiterarbeiten dürfen.
Flugsicherung: Zwischenlandungen kosten Airlines viel Geld
Die Entscheidung umzukehren, weiterzufliegen oder Treibstoff abzulassen liegt nach Angaben der Deutschen Flugsicherung ganz allein beim Piloten. Ein Sprecher sagte: "Wir diskutieren nicht mit Piloten, wir machen alles, was ihnen hilft, sicher landen zu können." Die Frage nach dem "Warum" werde von der Flugsicherung dementsprechend auch nicht gestellt. Es sei aber nicht unüblich, dass Airlines ihre Maschinen lieber zurück in die eigene Werft, zum eigenen Service-Personal bringen wollen, als irgendwo anders zu landen.
30 Tonnen Kerosin über Pfalz, 40 Tonnen über Schweiz abgelassen
Denn bis Ersatzteile und eigene Techniker vor Ort seien, entstünde den Airlines ein Ausfall und dadurch ein hoher finanzieller Schaden. Nachdem der Pilot also entschieden habe nach Frankfurt zurückzukehren, habe die Flugsicherung genau das möglich gemacht. Damit die Boing 747 für die Notlandung leichter wurde, habe sie zunächst 40 Tonnen Kerosin über der Schweiz und dann noch einmal 30 Tonnen über dem Pfälzerwald und dem Elsass abgelassen. Wegen eines nächtlichen Start- und Landeverbots in Frankfurt, habe die Maschine zudem bis fünf Uhr kreisen müssen - gelandet sei sie dann eine Minute nach fünf Uhr.
Pfälzerwald häufig von Kerosinablass betroffen
Gerade über dem Pfälzerwald wird immer wieder von Flugzeugen Kerosin abgelassen, die Begründung: Der Landstrich ist nicht dicht besiedelt und liegt in der Nähe der Flughäfen Frankfurt und Köln/Bonn. Immer wieder gibt es gegen den Ablass von Kerosin auch Proteste aus der Bevölkerung. Ein Gutachten sagt zwar, dass der Ablass von Kerosin keine Gesundheitsschäden hervorruft. Die Kritiker glauben das aber nicht und fordern zum Beispiel ein flächendeckendes Netz von Messstationen.
Ablass laut Umweltministerium unbedenklich
Der Ablass der 30 Tonnen Kerosin über dem Pfälzerwald am vergangenen Donnerstag war nach Angaben des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums unbedenklich. Die Werte an den Messstation in der Region hätten im niedrigen Konzentrationsbereich gelegen und seien damit unauffällig. Darüber hinaus weißt das Umweltministerium darauf hin, dass die Entscheidung, Kerosin abzulassen allein beim Piloten liegt und die Flugsicherung dafür geeignete Flugkorridore ausweist. Für alle weiteren Fragen sei das Verkehrsministerium zuständig.
Entscheidung über Kerosinablass allein beim Piloten
Und auch dieses verweist auf die alleinige Entscheidung des Piloten Kerosin im Notfall abzulassen. Das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium habe zudem bei diesem Vorgang keine rechtliche Zuständigkeit. Zudem habe sich die Landesregierung bereits ausführlich zum Thema Kerosinablass geäußert und erläutert, "dass jedes Ablassereignis über rheinland-pfälzischem Landesgebiet durch Experten des Landesamtes für Umwelt (LfU) anhand der erhobenen Messdaten analysiert und unter den Anforderungen des Gesundheitsschutzes bewertet wird."
Die Frage, ob die Ministerien Nachforschungen zu den Hintergründen des Kerosinablasses einleiten wollen, blieb in beiden Fällen unbeantwortet. Während für die Lufthansa die Rückkehr nach Frankfurt die "bestmögliche Lösung" - auch im Sinne der Wirtschaftlichkeit - war, dürften bei dieser Frage die Menschen im Pfälzerwald und der Landstuhler Verbandsbürgermeister Degenhardt anderer Meinung bleiben.