Koalition zwischen CDU und SPD im Kreis Südwestpfalz geplatzt

Große Koalition endgültig geplatzt

Kreisverwaltung Südwestpfalz künftig ohne hauptamtlichen Beigeordneten

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Jürgen Rademacher
Bild von Jürgen Rademacher, Redakteur im SWR Studio Kaiserslautern
Sebastian Stollhof
Sebastian Stollhof

Der Kreistag Südwestpfalz hat am Montag dafür gestimmt, dass es künftig keinen hauptamtlichen Beigeordneten mehr gibt. Die Koalition zwischen CDU und SPD ist damit endgültig Geschichte.

Einen entsprechenden Antrag auf Änderung der Hauptsatzung hatte die neue Koalition von CDU, FWG und Grünen gestellt und diesen am Montag im Kreistag auch durchgebracht - mit 22 zu 19 Stimmen. Vorausgegangen war ein Streit zwischen CDU und SPD. Die CDU hatte die Koalition mit der SPD aufgekündigt und ist stattdessen ein Bündnis mit den Grünen und der FWG eingegangen. 34 Jahre regierten CDU und SPD im Kreistag in der Südwestpfalz gemeinsam.

Beigeordneter Spitzer vor Landratswahl kaltgestellt?

Zurzeit ist Peter Spitzer von der SPD der hauptamtliche Beigeordnete des Kreises. Die SPD wirft der CDU vor, sie wolle mit Spitzer einen möglichen Gegenkandidaten für Landrätin Susanne Ganster bei den Landratswahlen 2025 kaltstellen. Die CDU weist das wiederum zurück. Es habe in den vergangenen Monaten immer wieder unterschiedliche Auffassungen gegeben. "Mir wäre es lieber gewesen, dieser Schritt wäre nach den nächsten Wahlen passiert", sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Christof Reichert. Aber mit einer Wahl Spitzers hätte man die bestehenden Strukturen für die kommenden acht Jahre zementiert – das habe die CDU nicht mittragen können.

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Beigeordneter Spitzer hatte bis zum Schluss gehofft

Peter Spitzer zeigte sich nach der Kreistagssitzung enttäuscht: "Es war immer noch die Hoffnung da. Und das knappe Abstimmungsergebnis hat es ja gezeigt, dass tatsächlich bis in die letzte Sekunde eventuell noch die Möglichkeit bestanden hätte, dass es doch anders ausgeht." Auch menschlich zeigte sich der Beigeordnete enttäuscht.

Nachkarten wollte er allerdings nicht: "Die Fakten sind nun geschaffen. Damit muss ich umgehen und mein künftiges Leben ein bisschen umgestalten." Auch mit Landrätin Susanne Ganster wolle er bis zum Ende seiner Amtszeit weiterhin zielgerichtet zusammenarbeiten: "Ich bin nicht der Typ, der durch solch eine Entscheidung irgendwelche Repressalien hegen würde." Er wolle anständig sein Amt übergeben. Auch Susanne Ganster möchte die "professionelle Zusammenarbeit", wie sie es beschreibt, weiter fortsetzen. Die Amtszeit Spitzers endet am 30. September. Zum 1. Oktober tritt die Änderung der Hauptsatzung in Kraft.

Künftig nur ehrenamtliche Beigeordnete im Kreis Südwestpfalz

In der neuen Koalition aus CDU, FWG und Grünen soll künftig jede der Parteien einen ehrenamtlichen Beigeordneten stellen. Für die CDU besteht darin auch ein wesentlicher Einspareffekt. Das wieder zweifelte SPD-Fraktionsvorsitzender Alexander Fuhr in der Kreistagssitzung an. Einziger Wermutstropfen für die neue Koalition: Eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe des Höchstsatzes für die ehrenamtlichen Beigeordneten, denen ein bestimmter Geschäftsbereich übertragen ist, erhielt in der Kreistagssitzung am Montag nicht die erforderliche Mehrheit.

SPD wirft CDU Wortbruch vor

Seit dem Bruch der 34 Jahre währenden Koalition zwischen CDU und SPD kochen die Emotionen in den politischen Lagern hoch. "Das Vorgehen der Verantwortlichen der CDU im Kreis ist ein massiver Vertrauensbruch, der die politische Kultur im Landkreis beschädigt und verändert", sagte SPD-Fraktionschef Fuhr in der Kreistagssitzung. Sie habe den Schritt jetzt gemacht, um einen möglichen Gegenkandidaten von Landrätin Susanne Ganster (CDU) bei der nächsten Landratswahl 2025 aus dem Weg zu räumen – nämlich den bisherigen Beigeordneten Peter Spitzer. Dieser stehe jetzt nicht mehr so in der Öffentlichkeit wie vorher.

"Wir werden den Koalitionsbruch nicht vergessen - und wir werden das auch immer wieder thematisieren"

Ganster äußert sich zu SPD-Anschuldigungen

Diesen Vorwurf weist CDU-Mann Reichert zurück. Der Koalitionswechsel habe nichts mit der Person Spitzers zu tun. Und auch Landrätin Ganster wehrte sich in einer persönlichen Erklärung. Sie verwies darauf, dass sie sich in ihrem politischen Leben schon um mehrere Posten beworben habe – immer mit Gegenkandidaten. "Es ist mir völlig fremd, potenzielle Mitbewerber um ein Amt im Vorfeld aus dem Weg räumen oder schwächen zu wollen, denn nach meinem Verständnis lebt eine Demokratie gerade von diesem Wettbewerb und dem sachorientierten Austausch von Argumenten", schrieb Ganster.

Nach der Kreistagssitzung sagte sie: "Es waren sehr stürmische Wochen. Was mich am meisten berührt hat, waren die vielen persönlichen Angriffe, die für mich auch unter der Gürtellinie ankamen." Sie wolle Sachthemen in den Mittelpunkt stellen.

Für die SPD sei der Koalitionsbruch völlig überraschend gekommen, sagt Fraktionschef Alexander Fuhr. Es habe nie Kritik an der Arbeit des hauptamtlichen Beigeordneten Spitzer gegeben. Dieser ist unter anderem für das kommunale Jobcenter zuständig. Seine Kritik an der CDU und Landrätin Ganster: Sie habe immer wieder landespolitische Themen in den Kreistag eingebracht, die dort nichts zu suchen gehabt hätten. Außerdem habe es nie Beschwerden über die Zusammenarbeit der Koalition gegeben. Noch im Dezember habe es eine gemeinsame Sitzung beider Fraktionen zum Haushalt gegeben.

CDU ihrerseits mit Vorwürfen an SPD im Kreistag Südwestpfalz

"Da hat Herr Fuhr eine andere Wahrnehmung", kontert CDU-Fraktionschef Reichert. Er verweist auf mehrere Gespräche, die stattgefunden hätten. Die SPD habe sich aus seiner Sicht schwer getan, im Kreistag gegen Entscheidungen der Landesregierung zu stimmen und diese zu kritisieren. Als Beispiele nennt er das Kita-Zukunftsgesetz, den Landesentwicklungsplan und vor allem den kommunalen Finanzausgleich. "Der Kreis Südwestpfalz ist der Verlierer dieses Gesetzes", sagt Reichert.

Die Haushaltsrede des SPD-Fraktionschefs habe dann das Fass zum Überlaufen gebracht. Auch hier habe Fuhr keine Kritik an den Regelungen der Landesregierung geäußert. "Die SPD wollte vermeiden, dass der Eindruck entsteht, dass die Rahmenbedingungen des Landes Ursache für einen historisch schlechten Haushalt des Kreises sind", sagt Reichert.

"Hat die SPD noch die Interessen des Kreises oder Interessen des Landes im Sinn?"

SPD will keine Fundamentalopposition im Kreistag Südwestpfalz sein

Fuhr dagegen kann die Kritik an seiner Rede nicht nachvollziehen. Sie habe auf Unwägbarkeiten hingewiesen und sei "sachlich und differenziert" gewesen. Er will mit seiner Fraktion jetzt den weiteren Kurs im Kreistag Südwestpfalz beraten. Fest steht: Die SPD werde die neue Koalition kritisch begleiten, aber nicht als Fundamental-Opposition. "Wir werden nicht etwas ablehnen, nur um es abzulehnen, weil es aus der neuen Koalition kommt", sagt Fuhr.

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